Ersatz weiblicher Hormone Kognitive Einbußen offenbar auch nach kurzer Anwendung

Autor: Alexandra Simbrich

Hormonersatztherapie zur Linderung der Beschwerden in den Wechseljahren könnte ein erhöhtes Risiko für Demenz bedeuten. Hormonersatztherapie zur Linderung der Beschwerden in den Wechseljahren könnte ein erhöhtes Risiko für Demenz bedeuten. © Graphicroyalty – stock.adobe.com

Die peri- oder postmenopausale Hormonersatztherapie mit Östrogenen und Gestagenen scheint dem Gehirn nicht gut zu tun. Nach den Ergebnissen einer Beobachtungsstudie steigt die Gefahr, eine Demenz zu entwickeln.

Die peri- oder postmenopausale Hormonersatztherapie mit Östrogenen und Gestagenen scheint dem Gehirn nicht gut zu tun. Nach den Ergebnissen einer Beobachtungsstudie steigt die Gefahr, eine Demenz zu entwickeln. Riskant soll allerdings nur die orale HRT sein. 

Hinweise auf einen Zusammenhang von langjähriger Hormonersatztherapie (HRT) und einem erhöhten Demenzrisiko gibt es bereits aus einigen Studien, schreibt ein Team um Dr. Nelsan Pourhadi vom Department of Neurology am Rigshospitalet in Kopenhagen. Wie sich die verschiedenen Behandlungsschemata und Anwendungsformen oder eine kurzfristige HRT auf das Demenzrisiko auswirken, ist bislang jedoch unklar. 

Dies wollten die Forscher nun anhand einer Fall-Kontroll-Studie herausfinden. Dafür griffen sie auf nationale Registerdaten des Zeitraums 2000 bis 2018 zurück. Unter allen dänischen Frauen, die am 1. Januar 2000 zwischen 50 und 60 Jahre alt waren und weder eine Demenz in der Vorgeschichte noch Kontraindikationen für eine perimenopausale HRT hatten, identifizierten sie im Verlauf 5.589 mit Demenz und ordneten ihnen jeweils zehn altersgematchte gesunde Kontrollen zu. 

Demenzrisiko unter HRT um 24 % erhöht 

Diejenigen, bei denen eine Demenz festgestellt worden war, waren zum Diagnosezeitpunkt im Median 70 Jahre alt. 31,9 % von ihnen und 28,9 % der Kontrollen hatten eine Östrogen-Gestagen-Therapie ab einem medianen Alter von 53 Jahren erhalten. Eine Hormonbehandlung in den Wechseljahren war positiv mit der Entstehung von Demenzerkrankungen assoziiert: Frauen, mit einer HRT hatten gegenüber denjenigen ohne Hormonersatz insgesamt eine 24 % höhere Wahrscheinlichkeit für eine Demenz jeglicher Ursache. Einen Zusammenhang mit der HRT beobachteten die Forscher auch für die Subgruppen mit spät beginnender Demenz (Hazard Ratio, HR, 1,21) und mit Alzheimer-Krankheit (HR 1,22). Zudem fand sich eine erhöhte Demenzrate für Frauen, die eine HRT im Alter von 45 bis 50 Jahren (HR 1,26) oder 51 bis 60 Jahren (HR 1,21) begonnen und sogar bei jenen, die die HRT im Alter von maximal 55 Jahren abgeschlossen hatten (HR 1,24). 

Je länger die Hormonbehandlung andauerte, umso mehr stieg das Demenzrisiko: Während eine maximal einjährige HRT die Rate um 21 % erhöhte, führten mehr als zwölf Jahre Hormonanwendung zu einer um 74 % höheren Demenzrate. Ob die HRT kontinuierlich oder zyklisch erfolgte, hatte darauf keinen Einfluss. Allerdings galten die Ergebnisse nur für die Kombination von Östrogen und Gestagen und die HRT in Tablettenform: Die ausschließliche Anwendung von Gestagenen oder östrogenhaltigem Vaginalgel stand nicht mit der Entwicklung von Demenz in Verbindung. 

Ob eine HRT das Demenzrisiko tatsächlich erhöht, lässt sich aus einer Beobachtungsstudie nicht schließen, betonen die Autoren. Einen möglichen kausalen Zusammenhang müsste man nun mit weiteren Studien klären.

Quelle: Pourhadi N et al. BMJ 2023; 381: e072770; DOI: 10.1136/bmj-2022-072770