Kosmonauten kehren mit geschrumpftem Hirnvolumen zurück auf die Erde
Gewundert hatte man sich schon länger: Zurück auf ihrem Heimatplaneten gaben Langzeit-Weltraumreisende an, Schwierigkeiten mit dem scharfen Sehen zu haben. Das könnte womöglich daran liegen, dass ihr Gehirn den Allflug nicht unbeschadet übersteht, berichtet das Team um Professor Dr. Peter zu Eulenburg von der Neurologie der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Insgesamt zehn Kosmonauten hatten die Wissenschaftler vor und nach dem durchschnittlich 189 Tage dauernden Aufenthalt auf der internationalen Raumstation ins MRT geschoben. Einem weiteren Scan unterzogen sich sieben von ihnen etwa 209 Tage nach ihrer Rückkehr.
Das Volumen der grauen Substanz hatte nach der Landung vor allem orbitofrontal und temporal bis zu 3,3 % abgenommen. Im Gegensatz dazu hatte der intrazerebrale Liquorraum an Volumen gewonnen, der dritte Ventrikel sogar um 12,9 %. In den kommenden Monaten bildete sich Ersteres größtenteils zurück und die Liquorausdehnung verlagerte sich in den äußeren Raum, berichten die Autoren. Dennoch war das Gehirn der Kosmonauten nicht mehr das gleiche. Jetzt schien auch die weiße Substanz geschrumpft zu sein. Etwas, was nach der Landung zunächst kaum sichtbar war, vermuten die Wissenschaftler, weil es durch die temporäre Zunahme des Liquors im Ventrikel verdeckt wurde.
Anhaltende Veränderung der Liquor-Zirkulation
Die zugrunde liegenden Ursachen vermuten die Autoren in minimalen Druckunterschieden der verschiedenen Wassersäulen im Körper, die sich unter dem Einfluss der Schwerelosigkeit bilden und auch die Nervenwasser-Zirkulation nachhaltig durcheinanderbringen. „Ob die beobachteten großflächigen Veränderungen der grauen und weißen Substanz eine Relevanz für die Kognition der Kosmonauten haben, ist aktuell unklar“, wird Prof. zu Eulenburg in einer Pressemitteilung zitiert. Die Sehstörungen könnten möglicherweise dadurch entstehen, dass der sich ausdehnende Liquor auf Retina und Sehnerv drückt.
Quelle: zu Eulenburg P et al. N Engl J Med 2018; 379: 1678-1680