Sigmadivertikulitis Lebensqualität als OP-Indikation?

Autor: Friederike Klein

Bei dieser Divertikulitis hat sich bereits etwas Eiter angesammelt. OP ja oder nein? Bei dieser Divertikulitis hat sich bereits etwas Eiter angesammelt. OP ja oder nein? © endoskopiebilder.de/Immanuel Albertinen Diakonie, Hamburg

Eindeutige Kriterien zur OP einer Sigmadivertikulitis sind akute Perforation, symptomatische Stenose oder Fistel. Andere Indikationen werden kontrovers diskutiert, es empfiehlt sich ein Blick auf die Lebensqualität.

Die Sigmadivertikulitis ist eines der häufigsten Erkrankungsbilder in der Viszeralmedizin mit weiter steigender Inzidenz, berichtete PD Dr. Maximilian Sohn von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie am Isarklinikum München. Über die Notwendigkeit einer OP im Falle von Komplikationen herrscht Einigkeit, Unklarheiten bestehen bei

  • Typ-1-Erkrankung (schwelend, engl. smoldering),
  • Typ 3b (chronisch rezidivierende unkomplizierte Sigmadivertikulitis) und
  • den komplizierten Stadien 2a/b mit einer gedeckten Perforation, die konservativ aus der akuten Phase gebracht werden konnten. 

Dr. Sohn empfahl, sich bei der Indikation zur Operation weniger an den Formen der Entzündung zu orientieren, sondern an der Lebensqualität. Mit seinem Team untersuchte er prospektiv 76 Patienten (34 Frauen, 42 Männer) zur Lebensqualität vor und nach elektiver Sigmoidektomie wegen einer dieser Divertikulitis-Typen. Der Altersmedian lag bei 58 Jahren, 65 % der Teilnehmer wiesen eine komplizierte Divertikulitis auf. 

Postoperative Komplikationen traten bei acht von 72 auswertbaren Patienten (11 %) auf. In keinem Fall aber kam es zu einer  Anastomoseninsuffizienz, wie der Chirurg betonte. Es gab zwei Revisionseingriffe, einen wegen einer Nachblutung, einen wegen einer Wundinfektion.

Der Index der für den Gastrointestinaltrakt spezifischen gesundheitsbezogenen Lebensqualität (GIQLI), primärer Endpunkt der Studie, lag in der gesamten Kohorte vor dem Eingriff bei 96,0 Punkten. Das entsprach laut Dr. Sohn einer deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität: Der Durchschnitt in der Normalbevölkerung liege bei etwa 120 Punkten. Der GILQI verbesserte sich sechs Monate nach OP auf 117,8 Punkte und betrug zwölf Monate danach 115,1 Punkte. 

Komplikationen lassen Lebensqualität unbeeinflusst

Schon eine Steigerung um 10 Punkte sei klinisch relevant, erklärte der Arzt – in der Studie wurde durch den Eingriff eine Steigerung um mehr als 20 Punkte erzielt. Die relativ seltenen und meist wenig schwerwiegenden Komplikationen nahmen auf die Lebensqualität keinen Einfluss. 

Patienten mit unkomplizierter Divertikulitis hatten präoperativ eine schlechtere Lebensqualität als Betroffene mit komplizierter Erkrankung (GIQLI 85,9 vs. 100,9 Punkte). Dr. Sohn zeigte mit seiner Arbeitsgruppe bereits in einer früheren Untersuchung, dass eine unkomplizierte Divertikulitis unabhängig von der Behandlungsart mit einer eingeschränkten Langzeit-Lebensqualität einhergehen kann. Er erklärte, dass insbesondere Patienten mit Typ-1- und Typ-3b-Divertikulitis jenseits von akuten Schüben an  anhaltenden Symptomen leiden. 

Neue Daten sprechen für den elektiven Eingriff

Dass eine elektive Sigmoidektomie für Patienten mit rezidivierenden oder persistierenden abdominellen Beschwerden nach einer Divertikulitis-Episode eine Verbesserung der Lebensqualität bedeuten kann, ergaben zwei weitere prospektive Studien. Die aktuelle Analyse von Dr. Sohn und seinen Kollegen unterstützt die Indikationsstellung zur elektiven Operation bei Patienten mit Einschränkungen der Lebensqualität durch persistierende Beschwerden und Rezidive.

Quelle: 48. Deutscher Koloproktologen-Kongress