Unnötige Antibiotika-Rezepte vermeiden Lohnt sich die Point-of-Care-Bestimmung von CRP und Procalcitonin?
Bei unkomplizierten unteren Atemwegsinfekten lässt sich anhand der klinischen Symptomatik oft nur schwer einschätzen, ob eine bakterielle Entzündung vorliegt. Bisher war unklar, ob sich Point-of-Care-Tests auf CRP und/oder Procalcitonin auch im ambulanten Setting bewähren. In zwei randomisiert-kontrollierten Studien ist man der Frage nun genauer nachgegangen.
Die erste Arbeit untersuchte den Einfluss einer CRP-Kontrolle bei 241 niederländischen Altenheimbewohnern mit Beschwerden eines unteren Atemwegsinfekts. Die Laborkontrolle reduzierte die Wahrscheinlichkeit einer Antibiotikaverordnung um 29 %. Um ein unnötiges Rezept zu vermeiden, mussten knapp vier Patienten getestet werden. Der Verzicht auf eine antiinfektive Therapie wurde nicht durch Einbußen bei der Sicherheit erkauft, erklären Dr. Tjarda Boere von der Universitätsmedizin Amsterdam und Koautoren. Von den CRP-geprüften Patienten hatten sich 86,4 % nach drei Wochen vollständig erholt gegenüber 90,8 % im Vergleichskollektiv – kein signifikanter Unterschied. Auch die Hospitalisationsraten waren mit 7,2 % bzw. 6,5 % ähnlich, ebenso die Gesamtmortalität (3,5 vs. 1,3 %).
Verzicht auf Antibiotika ohne Einfluss auf klinischen Verlauf
In der zweiten Studie analysierte man den Nutzen einer Procalcitonin-Kontrolle bei mehr als 400 Schweizer Hausarztpatienten mit klinischem Pneumonieverdacht. Definiert wurde dieser als Kombination von akutem Husten mit mindestens einem der folgenden vier Zeichen: Fieber (≥ 4 Tage), Kurzatmigkeit, erhöhte Atemfrequenz oder pathologischer Auskultationsbefund. Das Ergebnis war ein Rückgang der mit Antibiotika behandelten Patienten um 26 % bei einer number needed to test von 4, erklärt das Autorenteam um Dr. Loic Lhopitallier von der Universitätsklinik Lausanne. Der Verzicht auf eine antibakterielle Behandlung beeinflusste weder den klinischen Verlauf noch die Zufriedenheit der Patienten. Die getestete Gruppe konnte nach durchschnittlich vier Tagen wieder ihren gewohnten Aktivitäten nachgehen, die Übrigen nach drei. Die Procalcitonin-Bestimmung sorgte außerdem dafür, dass weniger Röntgenaufnahmen des Thorax benötigt wurden.
Keine der beiden Studien erreichte die präspezifizierte Teilnehmerzahl. Trotzdem lassen die gemessenen Effekte kaum Zweifel am Nutzen der Laborkontrolle, betont Professor Dr. Alastair Hay von der University of Bristol in seinem Kommentar zur Studie. Er hofft zudem, dass die Vorabkontrolle von CRP und Procalcitonin auch die Erwartungshaltung der Patienten für eine Antibiotikabehandlung bei Atemwegsinfekten verringern könnte. Allerdings sollte die Sicherheit dieser Entscheidungshilfe noch in größeren Kollektiven geprüft werden, um auch diejenigen potenziellen Negativfolgen aufzuspüren, die eher selten sind.
1. Boere TM et al. BMJ 2021; 374: n2198; DOI: 10.1136/bmj.n2198
2. Lhopitallier L et al. BMJ 2021; 374: n2132; DOI: 10.1136/bmj.n2132
3. Hay AD. BMJ 2021; 374: n2253; DOI: 10.1136/bmj.n2253