Hautsymptome von Lungenerkrankungen Lungenleiden tritt an die Oberfläche
Bei manchen Hauterscheinungen sollten Dermatologen nicht mit der Überweisung der Patienten an einen Pneumologen zögern. Als Beispiel nannte PD Dr. Undine Lippert von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Universitätsmedizin Göttingen den Fall einer aus Kasachstan stammenden 72-Jährigen. Diese hatte sich mit erythematösen Infiltraten und Knötchen im Bereich der linken Wange vorgestellt. Histologisch sah man Epitheloidzellgranulome. Ziehl-Neelsen-Färbung und PCR auf Tuberkulosebakterien fielen zwar negativ aus, aber die Kultur war positiv. Im Röntgenbild sah man alte spezifische Herde, die Diagnose lautete Lupus vulgaris.
Je nach Herkunftsland an resistente Erreger denken
In Niedriginzidenzländern ist der Lupus vulgaris die häufigste Form der Hauttuberkulose. Es handelt sich um eine postprimäre hämatogene Aussaat, so die Expertin. Behandelt wird wie bei der Lungentuberkulose zunächst mit der Vierfach-Standardtherapie aus Rifampicin, Isoniazid, Pyrazinamid und Ethambutol. Kommen die Patienten aus bestimmten Ländern – dazu gehören Kasachstan, Rumänien und die Ukraine – muss zudem an mögliche Multiresistenzen gedacht werden. Eine behandlungsbedürftige Tuberkulose unterliegt nach §6 IfSG der namentlichen Meldepflicht durch den Arzt.
Auch andere Infektionskrankheiten können sowohl Haut als auch Lunge in Mitleidenschaft ziehen. Die Histoplasmose z.B. ähnelt klinisch der Tuberkulose. Bei diesen Patienten ist v.a. die Reisanamnese wegweisend, da sie sich den Erreger häufig in Fledermaushöhlen einfangen.
Dass Corona für Lungen- und Hautsymptome sorgt, belegen zahlreiche Studien der letzten Jahre. Etwa 48 h vor den ersten COVID-Symptomen können urtikarielle Läsionen auftreten. Eine weitere mögliche kutane Manifestation ist ein makulopapulöses, leicht schuppiges Exanthem. Es beginnt meist nach den respiratorischen Symptomen, hält etwa acht Tage an und juckt bei jedem Zweiten. Chilblain-ähnliche Veränderungen an Händen und Füßen (v.a. bei kleinen Kindern) und vesikulär-hämorrhagische und livedo-nekrotisch-vaskuläre Hautveränderungen ließen sich bei Patienten ebenfalls beobachten.
Bei glänzenden schuppenden Plaques mit Beteiligung der Nasenspitze sollte man immer die Möglichkeit einer Sarkoidose in Betracht ziehen. Die Unterstützung durch den Pneumologen ist wichtig, damit dieser eine systemische Form mit Lungenbeteiligung ausschließen kann, betonte die Dermatologin.
Hyperkeratosen und Fissuren bei Lungenkranken
Berylliosen oder Silikosen verbinden die Lungenbeteiligung mit granulomatösen Hautveränderungen. Das Röntgenbild entspricht meist einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) mit unspezifischem Muster. Mechanikerhände und Wanderfüße mit Hyperkeratosen und Fissuren können auf ein Antisynthetase-Syndrom (JO-1-Syndrom) hinweisen: Die idiopathische entzündliche Myopathie geht ebenfalls häufig mit einer ILD einher. Patienten mit Dermatomyositis haben in bis zu 30 % der Fälle eine Lungenbeteiligung. Zu den Risikofaktoren für eine ILD gehören höheres Alter, Gottron-Papeln sowie anti-SSA-Ro52- und anti-MAD5-Antikörper.
Bei Patienten mit einer neu diagnostizierten Sklerodermie (SSc) rät die Expertin ebenfalls zu einer pneumologischen Diagnostik, da pulmonale arterielle Hypertonie und Fibrose (in der Thorax-Bildgebung) prognosebestimmend sind. Es ist wichtig, kutane Anzeichen der SSc möglichst früh als solche zu erkennen:
- Hände: Puffy Fingers, Sklerodaktylie mit Ödemen, Madonnenfinger und Rattenbissnekrosen gelten als typische Zeichen. Das Raynaud-Syndrom kann ebenfalls auf die SSc hindeuten. In der Nagelfalzkapillarmikroskopie sieht man Megakapillaren und avaskuläre Felder.
- Gesicht: Patienten zeigen eine starre Mimik, Mikrostomie, Tabaksbeutelmund und haben ein verkürztes Zungenbändchen. Auch Teleangiektasien weisen mitunter auf SSc hin.
Im Rahmen der SSc kann es zudem zu einem sekundären Sjögren-Syndrom kommen.
Grundsätzlich sollten Dermatologen zudem immer auf Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel achten. Man findet sie als spätes Zeichen einer chronischen Hypoxämie bei Herz-Lungenerkrankungen, aber auch bei Bronchialkarzinomen, Lymphomen, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, TBC, HIV-Infektion und Endokarditis.
Quelle: Kongressbericht 52. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft