Erste Vakzine verfügbar Malariaimpfung für alle?

Autor: Tobias Stolzenberg

Derzeit gibt es 89 Impfstoffkandidaten. Derzeit gibt es 89 Impfstoffkandidaten. © tashatuvango – stock.adobe.com

Nach jahrzehntelanger Arbeit stehen die ersten Vakzine gegen Malaria zur Verfügung. Allerdings sind es keine Impfstoffe für die Reisemedizin. Derweil wird in ungezählten Laboren an neuen Verfahren getüftelt, mit deren Hilfe man die Tropenkrankheit endlich in den Griff bekommen möchte.

Wenn man über Afrika und Gesundheit redet, kommt man schnell auf das Thema Malaria zu sprechen. Insbesondere bei jüngeren Kindern ist die Tropenkrankheit eine der häufigsten Todesursachen überhaupt, in 80 % der Fälle trifft es die Altersgruppe unter fünf. Daher setzt die Entwicklung der Impfstoffe gegen Malaria in erster Linie bei den Kleinkindern an, erläuterte PD Dr. Thomas Valentin, Klinik für Innere Medizin am Universitätsklinikum Graz.

Derzeit sind bei der WHO 89 Impfstoffkandidaten gelistet, fast alle richten sich gegen Plasmodium falciparum. Die Entwicklung der Vakzine ist keineswegs trivial, da man es bei Plasmodium mit einem Parasiten zu tun hat, der über seinen Vermehrungszyklus hinweg mehrfach seine Antigene ändert, berichtete der Tropenmediziner. Um die theoretischen Grundlagen, die hinter den zahlreichen Ansätzen der Impfstoffentwickler stehen, zu veranschaulichen, rief er den komplexen Kreislauf der Plasmodien in Erinnerung: Bei der Blutmahlzeit der Mücke gelangen die Sporozoiten des Erregers in die Blutbahn. Innerhalb von Minuten erreichen sie die Leber, wo sie die sogenannte Leberphase durchlaufen. Nach dem Ausschwemmen aus dem Organ kommt es zur Parasitämie und dem klinischen Bild der Malaria. Im Knochenmark bilden sich die Geschlechtsformen aus, die männlichen und weiblichen Gametozyten, die bei der nächsten Blutmahlzeit von der Mücke aufgenommen werden. Im Mückenmagen paaren sich die Gametozyten und der Kreislauf beginnt von vorn.

Angriffspunkt für die meisten Kandidatenimpfstoffe sind die Sporozoiten der präerythrozytären Phase, andere setzen im erythrozytären Stadium an. Als besonders spannend beschrieb Dr. Valentin die sogenannten transmissionsblockierenden Impfstoffe, die die Paarung der Gametozyten im Mückenmagen unterbinden und damit die weitere Übertragung unmöglich machen. Grundlage dieses Verfahrens sind Antikörper gegen die Geschlechtsformen der Plasmodien. Diese „altruistische Vakzinierung“ bringt dem Geimpften selbst keinen Vorteil, könnte aber helfen – so die Idee –, die Infektionsdynamik in einem Endemiegebiet unter Kontrolle zu bringen. Allerdings sind für die Transmissionsblockade sehr hohe Antikörperspiegel im Blut vonnöten.

In einem sehr frühen Entwicklungsstadium befinden sich Präparate für die Leberphase des Erregers. Auch die Arbeit an sogenannten Plazentaimpfstoffen, mit denen man vor allem das hohe Risiko für Mutter und Kind während einer Schwangerschaft reduzieren will, ist noch ganz am Anfang. Ähnlich weit von der klinischen Anwendung entfernt ist die mRNA-Impfung gegen Plasmodien. Ziel dieses Ansatzes ist es, eine CD8+-T-Zell-vermittelte Immunität während der Leberphase zu erzeugen.

Mit den Vakzinen RTS,S/AS01, das bereits über eine Zulassung verfügt, und R21-Matrix-M befinden sich die ersten Malariaimpfstoffe in mehreren afrikanischen Ländern im Einsatz. Bei beiden handelt es sich um präerythrozytäre Subunit-Impfstoffe, die sich gegen das Circumsporozoitenprotein (CSP) von P. falciparum richten. Die Vakzine sollen in Hochendemiegebieten zusammen mit imprägnierten Bettnetzen, einer saisonalen Chemoprophylaxe und anderen Maßnahmen die malariaassoziierte Kindersterblichkeit reduzieren. CSP-Antigene sind nur schwach immunogen, weshalb die Impfstoffe adjuvantiert sind. 

Die Grundimmunisierung mit RTS,S/AS01 erfordert drei Injektionen im Abstand von einem Monat, hinzu kommt ein Booster nach 18 Monaten. Damit erreicht man eine Impfeffektivität von 36 %, berichtete Dr. Valentin. Das sei keinesfalls ein überragendes Ergebnis, könne die Kindersterblichkeit in den Endemiegebieten aber um 30 % verringern. Mittlerweile haben mehrere Millionen Kinder unter anderem in Malawi, Ghana und Kenia die RTS,S/AS01-Vakzine erhalten, in Kamerun ist sie seit November 2023 routinemäßig im Einsatz.

Auch R21/Matrix-M zielt auf das CSP von P. falciparum ab. Aufgrund einer anderen Technologie bringt diese Vakzine etwa vier- bis fünfmal soviel CSP-Antigen mit als RTS,S/AS01. Die erst im Februar 2024 veröffentlichten Phase-3-Daten bescheinigen dem Präparat einen Impfschutz von etwa 75 %, zeigte sich der Referent beeindruckt. Allerdings hatten die Kinder zusätzlich eine saisonale Chemoprophylaxe erhalten. R21/Matrix-M ist mit zwei bis vier Euro pro Dosis sehr billig – ein unschätzbarer Vorteil für den Einsatz in armen Ländern.

Und wie sieht es mit einer Reiseimpfung gegen Malaria aus? Das ist – nicht nur wissenschaftlich oder technologisch gesehen – nach wie vor ein Blick in die Kristallkugel, machte Dr. Valentin deutlich. Denn man müsse sich bei dieser Frage einiger Fallstricke bewusst sein. So könnte eine Impfung die Reisenden in trügerischer Sicherheit wiegen, sodass sie den vorbeugenden Insektenschutz durch Netze und Repellentien teilweise oder ganz außer Acht lassen. Aber die Mücken würden ja nicht nur Malaria übertragen, sondern einiges andere mehr. Möglicherweise verzichtet man als Geimpfter auch eher auf die medikamentöse Prophylaxe, selbst wenn diese als Add-on zur Vakzine empfohlen ist.

Mit der Chemoprophylaxe steht ein hocheffektiver Schutz vor der Tropenkrankheit zur Verfügung, erinnerte Dr. Valentin. Gegen diesen Goldstandard müsse eine Reiseimpfung gegen Malaria erst einmal ankommen. 

Quelle: Kongressbericht 25. Forum Reisen und Gesundheit