Hypersomnie Müde Geister mit Bewegung beleben
Das Thema Hypersomnie hat im Verlauf der Coronapandemie an Aufmerksamkeit gewonnen. So leidet ein Drittel der Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion unter Tagesschläfrigkeit, die teilweise über längere Zeit persistiert. Darüber hinaus kann nach einer COVID-19-Impfung Hypersomnie auftreten. Das Leitsymptom Schläfrigkeit kennzeichnet auch die Diagnosen „Narkolepsie“ und „idiopathische Hypersomnie “. Dabei handelt es sich um hirnorganische Funktionsstörungen mit pathologisch verändertem Schlaf-Wach-Rhythmus.
Weiterhin kann eine Hypersomnie sekundär erworben werden. Zu den Faktoren, die Schläfrigkeit triggern und sich gegenseitig potenzieren, zählen Fatigue, Stress, Übergewicht, ungesunde Ernährung, lange Bildschirmzeiten und Immobilisation. Bereits die Verbesserung nur eines dieser Parameter kann eine Linderung der Symptomatik ermöglichen. Ist die Tagesschläfrigkeit nur moderat ausgeprägt, sind die Betroffenen durchaus in der Lage, diese durch Ausbau ihrer körperliche Leistungsfähigkeit in Eigenregie abzumildern.
Pharmakologische Therapieoptionen sind bei idiopathischer Hypersomnie stark eingeschränkt. Stimulanzien wie Modafinil können nur off label verschrieben werden. Deshalb befürworten die meisten Patienten (96,1 %) nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Koffein (82,2 %), ein Nickerchen am Tag (81,4 %) und die Planung von nächtlichem Schlaf (75,2 %).
Im Falle einer Narkolepsie stehen verschiedene zugelassene Medikamente zur Behandlung der Tagesschläfrigkeit zur Verfügung. Substanzen der ersten Wahl sind Modafinil, Pitolisant und Solriamfetol. Alternativ kann auf Methylphenidat zurückgegriffen werden.
Fitness ins Leben und Struktur in den Tag bringen
Daneben werden in den europäischen Leitlinien begleitende Maßnahmen wie verhaltenstherapeutische Interventionen empfohlen. Dabei sollen die Patienten lernen, mit den Beschwerden und Folgen ihrer Krankheit besser zurechtzukommen. Hilfreich ist unter anderem eine Tagesstrukturierung, die auch den Aufbau der Fitness miteinbezieht.
Letzteres ist wichtig, da manche Narkolepsie-Patienten dazu neigen, Freizeitaktivitäten einzuschränken und weniger aktiv zu sein, weil sie kein Vertrauen in ihre körperliche Leistungsfähigkeit haben.
Doch Fitness ist wichtig, schreiben die Autoren. Erwiesenermaßen nimmt der Grad der Schläfrigkeit und die Häufigkeit von Kataplexie-Episoden bei Narkolepsie-Patienten mit ansteigender Leistungsfähigkeit ab. Deshalb macht es Sinn, dass Betroffene auch eine ärztliche, sportphysiologische Betreuung erhalten. Mittlerweile gibt es spezialisierte Rehakliniken, die Hypersomniepatienten im stationären Setting therapieren und dabei unter anderem auch eine Fitnesssteigerung anstreben.
Quelle: Stark R, Grunwald M. Wehrmedizinische Monatsschrift 2022; 66: 373-378