Multifokale Kontaktlinsen bremsen Myopie

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Multifokale Kontaktlinsen bündeln seitlich einfallende Lichtstrahlen vor der peripheren Retina, Einschärfen­linsen dahinter. Multifokale Kontaktlinsen bündeln seitlich einfallende Lichtstrahlen vor der peripheren Retina, Einschärfen­linsen dahinter. © iStock/sbayram

Bei starker Kurzsichtigkeit in der Kindheit steigt das Risiko für Komplikationen im Erwachsenenalter. Weiche, multifokale Kontaktlinsen können das Fortschreiten des Sehfehlers verlangsamen.

Auf lange Sicht gefährden die Spätfolgen einer Myopie – Katarakt, Netzhautablösung, Glaukom oder chorioretinale Atrophie – das Sehvermögen. Daher gilt es, die Progression der Augenerkrankung im Kindesalter aufzuhalten.

In einer Studie haben Dr. ­Jeffrey J. ­Walline von der ­Ohio ­State University und Kollegen an 294 kurzsichtigen Kindern zwischen sieben und elf Jahren untersucht, welchen Beitrag weiche, multifokale Kontaktlinsen dazu leisten können.

Sie gingen der Frage nach, ob Linsen mit hoher ­Add-Power (+2,5 dpt) effektiver sind als solche mit mittlerer ­Add-Power (+1,5 dpt). Linsen mit dem hohen Wert fokussieren die seitlich einfallenden Lichtstrahlen weiter vor der peripheren Retina als solche mit der niedrigen Stärke. So lässt sich das abnorme axiale Längenwachstum der Augen, das der Kurzsichtigkeit zugrunde liegt, bremsen.

Monofokale Linsen hingegen bündeln die Strahlen hinter der peripheren Retina. In der Untersuchung erhielten je 98 Kinder Linsen mit hoher Add-Power, solche mit mittlerer Add-Power oder Einstärkenlinsen. Das Fortschreiten der Fehlsichtigkeit wurde anhand des veränderten sphärischen Äquivalents der Autorefraktion nach drei Jahren ermittelt.

Unklar, ob die Effekte bis ins Erwachsenenalter anhalten

Am wenigsten deutlich schritt die Myopie in dieser Zeit voran, wenn die jungen Probanden Linsen mit dem hohen Wert getragen hatten, nämlich um -0,6 dpt. Bei mittlerer Add-Power betrug der Sehschärfeverlust -0,89 dpt, mit Einstärkenlinsen -1,05 dpt. In der ersten Gruppe wuchsen die Augäpfel langsamer als bei den anderen Kindern (0,42 mm vs. 0,58 mm bzw. 0,66 mm).

Dr. ­Neil M. ­Bressler vom ­Johns ­Hopkins Hospital, Baltimore, merkt in einem Kommentar an, dass die Sehhilfen mit hoher ­Add-Power den Krankheitsprogress alles in allem nur wenig bremsen konnten. Es bleibe zudem unklar, ob die Effekte bis ins Erwachsenenalter anhalten und ob sich eine pathologische Myopie tatsächlich mit derartigen Linsen verhindern lasse.

Quellen:
1. Walline JL et al. JAMA 2020; 324: 571-580; DOI: 10.1001/jama.2020.10834
2. Bressler NM. A.a.O.: 558-559; DOI: 10.1001/jama.2020.10953