Management beim Schwangerschaftsdiabetes Nach Glukosetoleranztest erfolgt die Vier-Säulen-Therapie

Autor: Alexandra Simbrich

Bei etwa jeder zehnten Schwangeren in Deutschland wird ein gestörter Glukosestoffwechsel erkannt. Bei etwa jeder zehnten Schwangeren in Deutschland wird ein gestörter Glukosestoffwechsel erkannt. © Proxima Studio - stock.adobe.com

Gestationsdiabetes entsteht durch hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft und birgt Risiken für Mutter und Kind. Frühzeitige Diagnostik durch entsprechendes Screening und eine Therapiekonzept aus Ernährung, Bewegung und ggf. Insulin sichern den Verlauf.

Bei etwa jeder zehnten Schwangeren in Deutschland wird ein gestörter Glukosestoffwechsel erkannt. Diagnostik und Therapie des Gestationsdiabetes folgen klaren Regeln und Grenzwerten. Es gilt auch, Folgeschäden für das Ungeborene zu verhindern.

Dem Gestationsdiabetes liegt eine zunehmende Insulinresistenz zugrunde. Diese entsteht durch die blutzuckersteigernde Wirkung einiger Schwangerschaftshormone, insbesondere des humanen Plazentalaktogens, schreibt Prof. Dr. Ute Schäfer-Graf, vom St. Joseph Krankenhaus in Berlin. Produziert die Bauchspeicheldrüse der Schwangeren nicht ausreichend Insulin, kommt es nach der Aufnahme von Kohlenhydraten zu einer mütterlichen Hyperglykämie im Sinne eines Gestationsdiabetes. 

Diabetische Fetopathie verzögert die Lungenreifung

Das hat auch Folgen für das Kind: Die erhöhte Zufuhr von Glukose über die Plazenta führt dazu, dass das Ungeborene in erhöhtem Maße Insulin produziert. Die Folge ist eine pränatale Entwicklungsstörung, die als diabetische Fetopathie bezeichnet wird. Sie ist durch typische Symptome gekennzeichnet, wie etwa übermäßiges Wachstum von fetalem Fettgewebe, eine verzögerte Lungenreifung des Fötus und eine neonatale Hypoglykämie.

Zur Diagnostik des Gestationsdiabetes sehen die Mutterschaftsrichtlinien in Deutschland seit 2012 ein zweistufiges Vorgehen vor. Demnach sollte innerhalb der Schwangerschaftswochen 24+0 bis 27+6 zunächst ein sogenannter Suchtest als Screening erfolgen. Bei diesem wird eine Stunde nach oraler Aufnahme einer Lösung mit 50 g Glukose der Blutglukosewert im venösen Plasma bestimmt. Überschreitet der Wert 135 mg/dl, muss sich ein oraler 75-g-Glukosetoleranztest zur Diagnosestellung anschließen. Bei diesem wird die Serumglukose vor dem Trinken der Glukoselösung sowie eine Stunde und zwei Stunden danach bestimmt. Ein Gestationsdiabetes liegt vor, wenn einer der drei Grenzwerte überschritten wird (s. Tabelle).

Mütter mit erhöhtem Risiko schon im 1. Trimenon testen

Ein Wert von mehr als 200 mg/dl im 50-g-Suchtest ist für die Diagnose eines Gestationsdiabetes ebenfalls ausreichend. Bei werdenden Müttern mit einem erhöhten Risiko für einen schwangerschaftsbedingten Diabetes sollte bereits im 1.Trimenon ein Frühscreening mit Bestimmung der Nüchternglukose und des HbA1c-Wertes erfolgen.
Die Therapie des Gestationsdiabetes besteht wie die normale Diabetestherapie aus vier Säulen:

  • Ernährungsberatung und -umstellung,
  • Selbstkontrolle des Blutzuckers mit Erstellung von Tagesprofilen, beginnend mit vier Werten täglich (nüchtern und jeweils nach den drei Hauptmahlzeiten),
  • körperliche Aktivität, um die Insulinsensitivität zu verbessern und
  • Insulintherapie, wenn die in der Schwangerschaft empfohlenen BZ-Werte (nüchtern < 95 mg/dl, eine Stunde postprandial < 140 mg/dl) nicht erreicht werden.

Die Insulintherapie erfolgt dabei in Abhängigkeit vom fetalen Wachstum: Indiziert ist sie, wenn der Bauchumfang des Fötus über der 75.Perzentile liegt bei ansonsten normalem Wachstum (asymmetrische Makrosomie). Auch bei unkompliziertem Verlauf sollte im dritten Trimenon per Sonografie nach einer fetalen Makrosomie gefahndet werden. Ob die Geburt einzuleiten ist bzw. wie umfangreich die Schwangere geburtshilflich betreut wird, richtet sich nach ihren Vorerkrankungen und in der Schwangerschaft auftretenden Komplikationen. 

Grenzwerte für die Diagnosestellung Gestationsdiabetes 
im 75-g-Glukosetoleranztest
ZeitpunktGrenzwert
nüchtern≥ 92 mg/dl
nach 1 Stunde≥ 180 mg/dl
nach 2 Stunden≥ 153 mg/dl

Quelle: Schäfer-Graf U. Gynäkologie 2024; 57: 838-839; doi: 10.1007/s00129-024-05300-3