Mehrfachtherapie auf dem Prüfstand Neuroleptika sollten nicht miteinander kombiniert werden

Autor: Alexandra Simbrich

Im Vergleich zur Monotherapie war unter der Mehrfachbehandlung das Rückfallrisiko erhöht. Im Vergleich zur Monotherapie war unter der Mehrfachbehandlung das Rückfallrisiko erhöht. © prime1001 - stock.adobe.com

Knapp ein Viertel der Patietinnen und Patienten unter Neuroleptika bekommt mehr als eines der antipsychotischen Medikamente. Besonders häufig ist die Mehrfachmedikation bei Schizophrenie. Risiken wie Rückfälle, psychiatrisache bedingte Hospitalisierung und Mortalität sind signifikant erhöht.

Viele psychisch Kranke unter antipsychotischer Therapie werden mit zwei oder mehr Neuroleptika gleichzeitig behandelt. Allerdings sollte man derartige Mehrfachmedikationen vermeiden, heißt es in den Leitlinien. Denn eine bessere Wirksamkeit ist keinesfalls belegt, dafür werden Nebenwirkungen wahrscheinlicher, die Therapietreue sinkt und die Kosten steigen.

Die beste Evidenz zur Mehrfachmedikation mit Neuroleptika gibt es für die Schizophrenie. Oft erhalten jedoch auch Menschen mit Demenz, geistiger Beeinträchtigung, bipolarer Störung oder ADHS mehrere Antipsychotika, schreibt eine Gruppe um Dr. Mikkel Højlund von der University of Southern Denmark. In einer Metaanalyse haben die Forschenden die Prävalenz, Trends und Korrelate der doppelten Medikation bei verschiedenen psychischen Leiden ermittelt.

Dafür werteten sie die Daten von 517 Studien mit zusammen knapp 4,5 Mio. Personen aus. Etwa die Hälfte der Arbeiten bezog sich auf Schizophrenie-Spektrum-Störungen. Alles in allem bekam jeder Vierte (24,8 %) mehr als ein Antipsychotikum. Besonders hoch war der Anteil bei schizophren erkrankten Menschen mit 33,2 %. Personen mit Demenz erhielten in 5,2 % der Fälle eine antipsychotische Mehrfachmedikation. Die gleichzeitige Einnahme mehrerer Antipsychotika hat offenbar in den letzten 50 Jahren signifikant zugenommen.

Im Vergleich zur Monotherapie war unter der Mehrfachbehandlung das Rückfallrisiko erhöht (relatives Risiko, RR, 1,42). Auch das Risiko für eine psychiatrische Hospitalisierung (RR 1,42) stieg, Dystonie (RR 5,91) und extrapyramidale Symptome (RR 1,63) traten häufiger auf. Die Mortalität lag unter einer kombinierten Therapie ebenfalls signifikant höher (RR 1,19).

Prof. Dr. Jari Tiihonen und Dr. Heidi Taipale, beide vom Karolinska-Institut in Stockholm, weisen in einem begleitenden Kommentar darauf hin, dass nicht nur das Mehr an Medikamenten, sondern auch die Erkrankungsschwere die Ergebnisse erklären könnte. Sie fordern, derartige Störfaktoren in künftigen Studien besser zu berücksichtigen.

Quellen:
1. Højlund M et al. Lancet Psychiatry 2024; 12: 975-989; DOI: 10.1016/S2215-0366(24)00314-6
2. Tiihonen J, Taipale H. Lancet Psychiatry 2024; 12: 945-946; DOI: 10.1016/S2215-0366(24)00367-5