Glaukom Nicht nur an der Schraube „Augeninnendruck“ drehen!
Das primäre Offenwinkelglaukom gilt heute nicht mehr als isolierte Optikusneuropathie, die durch einen erhöhten Augeninnendruck zustande kommt. Zunehmend erkennen Wissenschaftler die tragende Rolle von mitochondrialen Funktionsstörungen mit übermässiger Immunreaktion und Neuroinflammation, die unter anderem auch das Auge betreffen. Im Endeffekt führen die entzündlichen Prozesse im Kammerwasser zu Quervernetzungen und Fibrosierungen im Trabekelsystem und im Schlemm-Kanal, die den Abfluss des Kammerwassers verhindern.
Darmmikrobiom steht in Verbindung mit okulärer Neuroinflammation
Zwar stellt die Augeninnendrucksenkung immer noch einen wesentlichen Behandlungsschritt dar. Dennoch sollte man auch die systemische und lokale Neuroinflammation in den Fokus nehmen, schreiben Professor Dr. Carl Erb von der Augenklinik am Wittenbergplatz in Berlin und Clivia Erb von der Universität Heidelberg. Das Mikrobiom des Darms sei eng mit der Neuroinflammation des Auges verbunden. Vor allem Helicobacter pylori hänge mit der Entstehung eines primären Offenwinkelglaukoms zusammen.
Der Magenkeim kann über eine atrophische Gastritis die Konzentrationen von Vitamin B12 und Folsäure vermindern und eine Homohyperzysteinämie auslösen, die ihrerseits die Neuroinflammation weiter anheizt. Auf jeden Fall, so raten die Experten, sollte bei progredienten Glaukomverläufen eine Helicobacter-Infektion ausgeschlossen werden.
Wie aber dem enteralen Mikrobiom etwa Gutes tun? Beispielsweise sollte ein Patient mit Offenwinkelglaukom auf Alkohol- und Nikotinkonsum verzichten bzw. diesen einschränken. Auch Fast Food verändert das Darmmikrobiom in Richtung einer chronischen Permeabilitätsstörung. Diese wiederum triggert Entzündungsprozesse und kann so dazu beitragen, dass systemische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Hypertonie und Dyslipidämien leichter entstehen.
Diziplinierte Ernährung steht im Vordergrund
Folgende Massnahmen schlagen die Autoren für Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom vor:
- Sport treiben,
- regelmässig zu festgesetzten Zeiten essen; die sogenannte Chrono-Nutrition beeinflusst das enterale Mikrobiom positiv
- Mittelmeerdiät einhalten (u.a. Olivenöl und andere hochwertige Öle bevorzugen); diese Ernährungsweise kann die Funktionalität der Mitochondrien bessern
- fünfmal täglich Früchte und Gemüse in den Speiseplan einbauen; dies entspricht ca. 400 g Gemüse und ca. 250 g Früchte
- Probiotika einsetzen; dazu zählt unter anderem Kefir, der eine feste Kombination von Bakterienstämmen mit antioxidativen, antientzündlichen und antimikrobiellen Eigenschaften enthält
- Nahrungssupplemente anwenden, damit die benötigte Spiegel von Vitaminen und Coenzym Q10 erreicht werden.
Vermeiden sollten die Patienten:
- Rauchen,
- übermässigen Alkoholkonsum,
- fettreiche Nahrungsmittel,
- Fast Food,
- zuckerreiche Nahrungsmittel.
Quelle: Erb C, Erb C. Augenspiegel 2023; 30–32.