Pankreaskarzinom Bei Hochrisikogruppen das Potenzial ausschöpfen

Autor: Dr. Franziska Hainer

Neue Strategien helfen Hausärzten, Pankreaskarzinome früh zu erkennen. Neue Strategien helfen Hausärzten, Pankreaskarzinome früh zu erkennen. © Jo Panuwat D – stock.adobe.com

Ein Hausarzt sieht in seinem Arbeitsleben sieben bis acht Patienten mit Pankreaskarzinom. Neue Strategien helfen bei der Früherkennung. Besonders im Fokus stehen über 50-Jährige mit neu aufgetretenem Diabetes.

Zum Zeitpunkt der Diagnose liegt das mediane Überleben von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs bei neun Monaten. Damit steht das Pankreaskarzinom weiterhin an Platz drei der krebsbedingten Todesursachen. Neue Forschungsergebnisse setzen dieser düsteren Prognose etwas entgegen. 

Die Stellschraube, an der sich drehen lässt, heißt Früherkennung bei Hochrisikogruppen. Für ein Screening der Allgemeinbevölkerung tritt der Tumor zu selten auf, erklärt Prof. Dr. Hans Scherübl, Klinik für Gastroenterologie, gastroenterologische Onkologie und Infektiologie am Vivantes Klinikum Am Urban in Berlin. Um die Langzeitprognose der Betroffenen zu verbessern, müssen zunächst die Hochrisikogruppen identifiziert werden. 

New-Onset-Diabetes erhöht das Risiko für Pankreas-Ca

Bei über einem Viertel der Patienten wird innerhalb von drei Jahren vor der Krebsdiagnose ein New-Onset Diabetes (NOD) festgestellt. Zwei bis drei Jahre nach der NOD-Diagnose ist das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs auf etwa das Fünffache erhöht. In Kombination mit Gewichtsverlust ist es sogar das 10- bis 25-Fache. 

Diese Hochrisikogruppe könnte mittels Biomarkern überwacht werden. Schon ab Tumorstadium IA geben Pankreaskarzinome microRNA in Blutbahn und Intestinum ab. Sie hemmt die Insulinfreisetzung in den Betazellen. Auf diese Weise entsteht eine Hyperglykämie, die das Tumorwachstum fördert. Spezifische Vesikel, die u.a. dem Transport von microRNA dienen, konnten in Studien mit hoher Zuverlässigkeit (95,5 %) im Blut von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs im Stadium IA nachgewiesen werden. Kontrollierte Studien dazu laufen noch. Prof. Scherübl sieht darin einen Meilenstein auf dem Weg zu einer einfachen und validen Früherkennung

Computer schlägt Arzt

In Kombination mit KI-Technologie könnten die genannten Verfahren noch erfolgreicher werden, hofft Prof. Scherübl. 40 % der T1-Pankeaskarzinome (< 2 cm) werden in der konventionellen Computertomografie nicht entdeckt. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz lässt sich die Zuverlässigkeit steigern (75–98 %). Im subklinischen Stadium erkennen Algorithmen verdächtige Befunde in der CT-Aufnahme besser als Radiologen. Die KI-assistierte Endosonografie befindet sich noch im Erprobungsstadium. Der Nutzen für den klinischen Alltag lässt sich laut Prof. Scherübl noch nicht beurteilen.

Die Entschlüsselung des Tumorzellenstoffwechsels bietet weitere  neue Ansatzmöglichkeiten. Onkometabolite können Tumorwachstum und Metastasierung fördern. Forscher wollen diese Moleküle nutzen, um Bauchspeicheldrüsenkrebs zu identifizieren. Auch die genetische Signatur oraler und fäkaler Mikrobiota kann wertvolle Informationen für die Früherkennung liefern. Allgemein wird das Mikrobiom mit der Entstehung von gastrointestinalen Tumoren in Verbindung gebracht. Forscher arbeiten daran, anhand spezifischer Mikroorganismen Risikogruppen für Pankreaskarzinome zu identifizieren. Bisher ist der Ansatz für die klinische Anwendung allerdings noch nicht ausgereift genug.

Endosonografie (EUS) und EUS-gesteuerte Feinnadelpunktionen werden zur Abklärung solider Raumforderungen der Bauchspeicheldrüse eingesetzt. Hohe Sensitivität und Spezifität sind für beide Untersuchungsmethoden belegt. 

Tumoren möglichst in Stadium IA diagnostizieren

Handelt es sich um kleine Befunde (< 2 cm), so ist die EUS den bildgebenden Verfahren überlegen. EUS-Elastografie sowie Kontrastmittelgaben kommen ergänzend zum Einsatz. In laufenden Studien wird die Zuverlässigkeit von EUS und EUS-Feinnadelpunktionen für die Früherkennung von Karzinomen bei über 50-jährigen NOD-Patienten untersucht. 

Ziel ist es, bei dieser speziellen Patientengruppe den Tumor möglichst bereits in Stadium IA zu diagnostizieren, betont Prof. Scherübl. Mit einem Pankreaskarzinom im Stadium IA (pT1pN0M0) haben die Patienten nach Resektion ein Fünf-Jahres-Überleben von 80 %. Die Kombination aus Risikoscores, innovativen Biomarkern und KI-Technologien (s. Kasten) eröffnet neue Chancen. 

Prof. Scherübl sieht Handlungsbedarf und schlägt bundesweite Registerstudien zur Qualitätssicherung vor. Er hält eine prospektive Evaluation der neuen diagnostischen Möglichkeiten für notwendig. In einigen Nachbarländern laufen bereits entsprechende Studien.

Quelle:
Scherübl H. Z Gastroenterol 2024; 62: 412-419;DOI: 10.1055/a-2114-9847