Krebsmedikamente Über die Theke statt in den Abfall

Autor: Lara Sommer

Niederländischen Klinikapotheken gelang es, weniger orale Krebsmedikamente zu entsorgen. Niederländischen Klinikapotheken gelang es, weniger orale Krebsmedikamente zu entsorgen. © Robert Kneschke – stock.adobe.com

Zwei Drittel weniger orale Krebsmedikamente entsorgen – das gelang in vier niederländischen Klinikapotheken. Im Rahmen der ROAD-Studie gaben Mitarbeiter:innen zurückgebrachte Packungen erneut aus, wenn diese strenge Qualitätskriterien erfüllten.

Ein relevanter Anteil oraler Krebsmedikationen (OAD) bleibt ungenutzt, unter anderem, weil Patient:innen ihre Therapie frühzeitig abbrechen. Forschende um Dr. ­Elisabeth M. ­Smale vom Radboud University Medical Center in Nijmegen strebten an, in vier Krankenhausapotheken brauchbare Restmengen weiterzuverteilen, statt zu entsorgen. Im Rahmen der ­ROAD-Studie kontaktierten Mitarbeitende 2.426 Patient:innen, die bei Raumtemperatur gelagerte OAD bekamen. Die Verantwortlichen forderten Teilnehmende insbesondere auf, nicht mehr benötigte Medikamente während Klinikbesuchen zurückzugeben. 

Zur Qualitätssicherung befanden sich die im Studienzeitraum ausgehändigten Packungen in einer versiegelten Umhüllung mit Zeit-Temperatur-­Anzeiger. Apotheker:innen nahmen die oralen Krebstherapeutika nach der Rückgabe wieder in ihre Bestände auf, sofern diese folgende Kriterien erfüllten:

  • ungeöffnete Zusatzversiegelung
  • unbeschädigte Verpackung
  • Resthaltbarkeit von mindestens sechs Monaten
  • angemessene Lagerbedingungen gemäß Sensor

Letztendlich beteiligten sich 1.071 Erkrankte. 56,8 % von ihnen erhielten zielgerichtete Substanzen, 22,1 % zytotoxische Pharmaka und 13,2 % endokrine Therapien. 171 Patient:innen (16,0 %) gaben insgesamt 335 ungenutzte OAD-Packungen zurück. Dabei handelte es sich um 2,6 % der Gesamtmenge. 

Abfallreduktion und Kostenersparnis

Fast drei Viertel der Retouren erfüllten die Qualitätskriterien. Pharmazeut:innen konnten 228 der Medikamenteneinheiten erneut verteilen, was einer Abfallreduktion von 68,1 % entspricht. In der Gesamtbilanz vermieden sie je acht Behandelter den OAD-Abfall für eine Person. Darüber hinaus errechneten die Wissenschaftler:innen eine mittlere jährliche Kostenersparnis von 576 € pro Kopf.

Nach Ansicht von Dr. ­Smale und Kolleg:innen hat die Redistribution ungenutzter Pharmaka das Potenzial, orale Krebstherapien sowohl nachhaltiger als auch bezahlbarer zu machen. Es erscheine sinnvoll, den Materialverbrauch zur Qualitätskontrolle zu minimieren. So lasse sich der Einsatz von Zeit-Temperatur-Anzeigern möglicherweise auf Substanzen mit einer Lagertemperatur von maximal 25 °C beschränken. Obwohl die Beteiligten während ROAD aktiv an Retouren erinnerten, könnten finanzielle Anreize die Rücklaufrate ungenutzter Packungen eventuell weiter verbessern.

Quelle:
Smale EM et al. JAMA Oncol 2023; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.4865