Depression, Demenz und Neuropathien Risiko steigt schon bei prädiabetischer Stoffwechsellage
Die Prävalenz des Prädiabetes liegt etwa doppelt so hoch wie die des Diabetes, variiert nach Daten der Rotterdam-Studie allerdings stark mit BMI und Alter. Die Studienlage gibt deutliche Hinweise auf Störungen in der Organisation der weißen Hirnsubstanz bei Diabetes, aber auch schon bei prädiabetischer Stoffwechsellage.1 „Hinsichtlich der Krankheitsfolgen ist Prädiabetes daher als früher Diabetes zu betrachten“, betonte Professor Dr. Coen Stehouver, Universität Maastricht. „Deshalb ist die Prävention selbst eines nur leichten Prädiabetes sinnvoll.“
Bei idiopathischer Neuropathie auf Prädiabetes screenen
Professor Dr. Dan Ziegler vom Deutschen Diabetes-Zentrum Düsseldorf bestätigte die klare Evidenz für eine erhöhte Prävalenz von distalen symmetrischen Polyneuropathien und kardiovaskulären autonomen Neuropathien bei Prädiabetes, insbesondere wenn sowohl Glukosetoleranz gestört als auch Nüchternglukose erhöht sind. „Personen mit Prädiabetes sollten auf eine Neuropathie gescreent werden, während bei Vorliegen einer idiopathischen Neuropathie ein Screening auf Prädiabetes anhand des oGTT erfolgen sollte“, empfahl Prof. Ziegler. Langfristige Lebensstilmaßnahmen könnten die sensorischen und autonomen Nervenfunktionen bei Prädiabetes verbessern, allerdings fehlten in diesem Bereich noch große, prospektive, randomisiert-kontrollierte Untersuchungen und Real-Life-Studien.
Geringe Überlappung zwischen Risiko und Grenzwerten
Das kardiovaskuläre Risiko ist bereits im prädiabetischen Stadium deutlich erhöht, betonte Professor Dr. Kristine Faerch, Steno Diabetes Center Kopenhagen. Sich auf beliebige glykämische Grenzwerte zu konzentrieren, nutze jedoch wenig: „Es gibt nur eine geringe Überlappung zwischen den diagnostischen Kriterien Nüchternblutzucker, postprandialer Zwei-Stunden-Wert und HbA1c.“ Die Präventionsforscherin plädiert daher für die Entwicklung von Risikoscores für die nicht-diabetische Gesamtbevölkerung, um Individuen mit dem höchsten kardiovaskulären Risiko frühzeitig zu entdecken.
Quelle:
1. Vergoossen LWM et al. Neurosci Biobehav Rev 2020; 115: 308-320; DOI: 10.1016/j.neubiorev.2020.04.001
Kongressbericht: EASD Annual Meeting 2021