Antipsychotika bei Demenz Riskanter als gedacht

Autor: Dr. Susanne Meinrenken

Die Verabreichung von Antipsychotika bei Demenz kann das Risiko für verschiedenste Krankheiten erhöhen. Die Verabreichung von Antipsychotika bei Demenz kann das Risiko für verschiedenste Krankheiten erhöhen. © Victor Moussa – stock.adobe.com

Regelmäßig werden Antipsychotika zur Behandlung psychiatrischer Symptome bei Demenz verordnet. Doch der unbedachte Einsatz der Medikamente insbesondere bei älteren Menschen dürfte riskanter sein als vielfach angenommen.

Angstattacken, Apathie oder Depression, Reizbarkeit bis hin zur offenen Aggression: Im Verlauf einer demenziellen Erkrankung bringen die verschiedensten Symptome Patientinnen und Patienten, aber auch die Angehörigen und das Pflegeteam immer wieder an ihre Grenzen. Häufig werden dann zur Entlastung antipsychotische Medikamente verordnet, schreiben Dr. Pearl Mok von der Universität Manchester und ein Autorenteam.

Solche Arzneimittel sollen aber nur zum Einsatz kommen, wenn

  • die nicht-medikamentösen Optionen ausgeschöpft sind,
  • Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt,
  • Agitiertheit, Halluzinationen oder Wahnvorstellungen den Betroffenen stark zu schaffen machen.

Bekanntermaßen erhöhen Antipsychotika bei älteren Demenzkranken das Risiko für Schlaganfälle und die Sterblichkeit. Das dies nicht die einzigen unerwünschten Effekte einer antipsychotischen Medikation sind, hat die Wissenschaftlergruppe mit einer populationsbasierten Kohortenstudie nachgewiesen.

In diese Analyse waren 173.910 Frauen und Männer mit Demenz im Alter über 50 Jahre eingeschlossen. Im Verlauf der Erkrankung erhielten 35.339 von ihnen erstmals ein atypisches oder typisches Antipsychotikum und wurden daraufhin jeweils mit bis zu 15 Kontrollpersonen, die keine Antipsychotika bekamen, gematcht.

Im Vergleich mit der Kontrollgruppe waren unter antipsychotischer Therapie die verschiedensten Organsysteme gefährdet:

  • Eine Pneumonie trat mehr als doppelt so oft auf (Hazard Ratio, HR 2,19).
  • Für akutes Nierenversagen ließ sich ein um etwa 70 % erhöhtes Risiko errechnen (HR 1,72).
  • Für Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt, Schlaganfall und tiefe Venenthrombose stieg die Gefahr um rund 30 % bis 60 % an (HR 1,27–1,62).
  • Frakturen traten zu 40 % häufiger auf (HR 1,43).

Auf die Häufigkeit ventrikulärer Arrhythmien hatten die Antipsychotika keinen Einfluss.

Vor diesem Hintergrund sind die Risiken und der mögliche Nutzen einer antipsychotischen Therapie bei Demenzkranken sorgsam abzuwägen, meinen die Autorinnen und Autoren. Auch während der Behandlung müsse man immer wieder die Notwendigkeit der Medikation überprüfen. Es gelte, verstärkt nicht-medikamentöse Alternativen zur Therapie der psychiatrischen Demenzsymptome zu erproben.

Quelle: Mok PLH et al. BMJ 2024; 385: e076268; DOI: 10.1136/bmj‑2023‑076268