Verhütung Roulette im Bett
Kontrazeptiva sind flächendeckend verfügbar. Trotzdem entsteht etwa jede dritte Schwangerschaft ungeplant und mehr als die Hälfte davon auch ungewollt. Im Rahmen der Studie „frauen leben 3“ befragte das Sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut zu Geschlechterfragen Freiburg (SoFFI F.) im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) etwa 14.500 Frauen telefonisch zu den Themen Sexualität und Familienplanung. Die Auswertung beinhaltet Daten von 17.400 abgebrochenen oder ausgetragenen Schwangerschaften. Zusätzlich wurden 116 qualitative Interviews geführt.
„Bei der deutlichen Mehrzahl (62 %) der unbeabsichtigten Schwangerschaften wurde nicht verhütet“, so Professor Dr. Cornelia Helfferich vom SoFFI F. und Kollegen. Besonders bei Frauen zwischen 25 und 40 sei zu bemerken gewesen, dass der Geschlechtsverkehr doppelt so oft ungeschützt wie geschützt stattfand. Dementsprechend traten in dieser Altersgruppe auch die meisten unbeabsichtigten Schwangerschaften auf.
Prof. Helfferich und Kollegen identifizierten drei wesentliche Motive für fehlende Verhütung: Bei etwa einem Drittel bestand zwar keine Schwangerschaftsabsicht, sie wurde aber auch nicht strikt abgelehnt. Die Frauen „spielten“ nach eigenen Angaben mit dem Kinderwunsch oder bezeichneten sich als „leichtsinnig“. Im Rahmen der qualitativen Interviews stellte sich heraus, dass die Frauen in dieser Gruppe häufig unsicher waren oder sich nicht klar für ein Kind entscheiden konnten – beispielsweise aus finanziellen oder beruflichen Aspekten.
16 % verhüten aus Angst vor Nebenwirkungen nicht
Weitere Gründe fassten die Wissenschaftler unter dem Punkt „individuelle und strukturelle Hürden“ zusammen. 16 % verhüteten aus gesundheitlichen Bedenken und Angst vor Nebenwirkungen nicht. Weitere 6 % lehnen das Thema grundsätzlich ab und bei 3 % spielten die vermeintlich hohen Kosten eine Rolle.
Der dritte wesentliche Punkt – nämlich die Annahme, aufgrund von Alter oder medizinischen Diagnosen gar nicht empfangen zu können – erwies sich bei immerhin 8 % der ungewollt Schwangeren im Nachhinein als unzutreffend. Dies betraf vor allem Frauen über 35. Daneben ließen sich weitere 8 % infolge von vergessener Verhütung der Kategorie „Unfälle“ zuordnen.
Quelle: Helfferich C et al. Bundesgesundheitsbl 2021; DOI: 10.1007/s00103-021-03439-1