Schlucken oder spritzen beim akuten Hörsturz?
Bis zu 90 % der Hörstürze sind idiopathischer Natur. Standardmäßig behandeln Ärzte den akuten Hörverlust mit einer systemischen Steroidtherapie. Weil man – theoretisch – mit einer Injektion eine viel höhere Wirkstoffkonzentration am Zielorgan erreicht, findet die intratympanale Gabe immer mehr Anhänger. Zu Recht?
Mehrheit therapiert weiterhin systemisch
Mit einer systematischen Literaturauswertung suchten zwei Forscher aus Dänemark eine Antwort darauf. Von 170 randomisierten Studien genügten sieben Arbeiten den Anforderungen der Kollegen. So musste unter anderem der Hörverlust mindestens 30 dB innerhalb von 72 Stunden betragen. Von den insgesamt 710 involvierten Patienten, die an einem moderaten bis schweren idiopathischen Hörsturz gelitten hatten, wurden 46 % systemisch, 33 % intratympanal und 21 % mit einer Kombination aus beidem behandelt.
Es zeigte sich, dass sich die Patienten, die die First-Line-Therapie erhalten hatten, mit durchschnittlich 2,01 dB etwas schneller erholt hatten. Wobei der Unterschied zur Vergleichsgruppe der intratympanal Behandelten nicht signifikant ausfiel. Die Kombination beider Varianten brachte keinen nennenswerten Vorteil im Vergleich zu den jeweiligen einzelnen Applikationsformen.
Wie man einen idiopathischen Hörsturz behandelt, sollte also an anderen Kriterien als der eingangs erwähnten Theorie entschieden werden, schreiben die Autoren. Zum Beispiel könne es bei älteren Patienten sinnvoll sein, systemische Steroide zu meiden, weil diese ein größeres Risiko von Nebenwirkungen bergen.
Quelle: Mirian C, Ovesen T. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2020; DOI: 10.1001/jamaoto.2020.0047