Vibrotaktiles Training Sturzprävention im Alter
Stürze bei älteren Menschen sind nicht nur häufig, sondern bergen zudem ein hohes Verletzungsrisiko, wie Privatdozent Dr. Dietmar Basta und Prof. Dr. Arne Ernst vom Unfallkrankenhaus Berlin zum aktuellen Stand der Forschung berichten. Demnach stürzen 20 % aller über 65-Jährigen mindestens einmal im Jahr, wobei fast jedes dritte Sturzereignis in dieser Altersgruppe zu behandlungsbedürftigen Verletzungen führt. Die Sturzhäufigkeit bei älteren Menschen ist sehr unterschiedlich, vor allem bei Pflegeheimbewohnern und Menschen mit Demenz kommt es häufig zum unkontrollierten Fallen.
Die individuelle Bestimmung des Sturzrisikos erfolgt im klinischen Alltag gemäß einer Expertenempfehlung anhand von Checklisten und Tests, die umgebungs-, medikamenten- und personenbezogene Risikofaktoren heranziehen. Während es keine Evidenz für den Einfluss der Umgebung allein auf das Sturzrisiko gibt, gehen bestimmte Medikamente – darunter Antihypertensiva, Sedativa und Benzodiazepine – und deren Wechselwirkungen bei Polypharmazie nachweislich mit einem erhöhten Risiko für Stürze einher. Das meiste Sturzrisiko ergibt sich aus den personenbezogenen Risikofaktoren, zu denen Depressionen, Inkontinenz und kognitive Beeinträchtigungen, aber auch die Angst vor Stürzen und die Beeinträchtigung sensomotorischer Funktionen bzw. der Balance zählen. Letztere werden jedoch unzureichend erfasst. Häufig werden hierfür Tests wie das „Performance Oriented Mobility Assessment“ (POMA) oder der „Timed up and go“(TuG)-Test eingesetzt, deren Spezifität und Sensitivität mäßig sind und teilweise auf subjektiven Parametern basieren. Eine Methode, bei der spezielle Sensoren an der Hüfte getragen werden, ermöglicht hingegen eine objektive Beurteilung der Stand- und Gangsicherheit sowie der Balance mit einer Sensitivität von 98 %.
Die Sturzprävention richte sich nach dem individuellen Sturzrisiko, so das Autorenduo. Ist dieses erhöht, sollte die Mobilität der Betroffenen gefördert werden. Meist kommt hierfür ein konventionelles Gleichgewichtstraining zum Einsatz, das sich zwar individuell anpassen lässt, in Auswertungen jedoch nur geringe bis moderate Effekte zeigt.
Trainingsansätze mit vibrotaktilem Feedback haben sich vor allem bei multifaktoriellem Schwindel im Alter und schwer zu kompensierenden Vestulopathien als effektiv erwiesen. Der langfristige Erfolg jeglicher Trainingsansätze ist jedoch von einer effektiven Mobilisation abhängig, so die Zusammenfassung der Autoren, die wiederum die Voraussetzung für eine gesteigerte Aktivität ist.
Quelle: Basta D, Ernst A. Nervenheilkunde 2022; 41: 764-767; DOI: 10.1055/a-1896-4802