Schwere Hypoglykämien erhöhen das Sturzrisiko
Es gilt als belegt, dass Stürze bei älteren und insbesondere bei insulinpflichtigen Menschen mit Diabetes häufiger vorkommen und mit Komplikationen verbunden sind. Schwere Hypoglykämien stehen unter Verdacht, mit ihren typischen Begleiterscheinungen wie Verwirrtheit, Verschwommensehen und Gleichgewichtsstörungen das Sturzrisiko zu erhöhen. Allerdings fehlten hierzu bislang systematische bzw. methodisch einwandfreie Studien.
Unterzuckerungen mit mehr Stürzen assoziiert
Eine jetzt vorgelegte prospektive Kohortenstudie schließt daher eine wichtige Wissenslücke, obwohl auch sie einen Kausalzusammenhang nicht hieb- und stichfest beweisen kann, so die Autoren um Dr. Alexandra Lee von der University of California, San Francisco.
Das Forscherteam untersuchte eine Population von 1162 Studienteilnehmern mit nachgewiesenem Typ-2-Diabetes. Bei 149 der Patienten war mindestens eine schwere Hypoglykämie dokumentiert. Im Follow-up-Zeitraum, der im Mittel 13,1 Jahre betrug, ereigneten sich im untersuchten Kollektiv insgesamt 334 Stürze. Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer schweren Hypoglykämie in der Krankengeschichte stürzten deutlich häufiger.
Vermehrte Knochenbrüche und Klinikeinweisungen
Bei ihnen wurde eine Sturzrate von 8,81 pro 100 Personenjahre ermittelt. Ohne schwere Hypoglykämien lag die Sturzrate dagegen lediglich bei 2,17 pro 100 Personenjahre. Nach Adjustierung für andere potenzielle Einflussfaktoren blieb ein mehr als zweifach erhöhtes Sturzrisiko für Patienten mit einer schweren Hypoglykämie in der Krankengeschichte. Auch die Zahl komplizierter Stürze mit Knochenbrüchen und/oder Klinikeinweisung war bei Patienten mit schweren Hypoglykämien häufiger.
Die amerikanische Diabetesgesellschaft fordert in ihrer aktuellen Leitlinie bereits dazu auf, ältere Menschen mit Diabetes gezielt nach Stürzen zu fragen. Hypoglykämien sollten auch nach Auffassung der Autoren Anlass sein, Nutzen und Risiko der blutzuckersenkenden Therapie neu auszutarieren.
Quelle: Lee KL et al. Diabetes Care 2020; 43: 2060–2065; DOI: 10.2337/dc20-0316