Maligner Pleuraerguss Schuhebinden zeigt Befinden
Patientinnen und Patienten mit malignem Pleuraerguss berichten häufig von Bendopnoe. Diese Form der Kurzatmigkeit macht sich beim Vorbeugen des Oberkörpers bemerkbar, erläuterte Prof. Dr. Gary Lee von der University of Western Australia in Perth.
Nachweis der Atemnot binnen 60 Sekunden
In eine derzeit laufende Studie (PLEASE-3) zur Bedeutung der Bendopnoe hat seine Arbeitsgruppe 200 Betroffene (medianes Alter 72 Jahren) eingebunden. Sie wurden gebeten, sich auf einem Stuhl sitzend eine Minute lang vornüber zu beugen und – ähnlich wie beim Schuhezubinden – die Füße zu berühren. 72 % der Teilnehmenden hatten sich eigenen Angaben zufolge in den vorherigen sieben Tagen durch die Bendopnoe in ihren Alltagsaktivitäten beeinträchtigt gefühlt. Unter Studienbedingungen ließ sich innerhalb von 60 Sekunden bei 56 % der Untersuchten eine Atemnot objektivieren. Die mittlere Toleranzzeit betrug 43 Sekunden.
Dieser einfache Test erlaubt es, Rückschlüsse auf das Ausmaß des Pleuraergusses zu ziehen, so Prof. Lee. Je größer der Erguss im Röntgenthorax, desto kürzer war die Toleranzzeit. Nach Drainage von median 1,3 Litern Flüssigkeit verbesserte sie sich, viele Patientinnen und Patienten konnten dann ohne Atemprobleme eine Minute lang die beschriebene Haltung beibehalten. Eine Bendopnoe war zudem mit einer insgesamt ausgeprägteren Atemnot und schlechteren Ergebnissen im Sechs-Minuten-Gehtest assoziiert.
„Die Bendopnoe ist ein aussagekräftiges Symptom, das abgefragt werden sollte, wenn Patientinnen oder Patienten mit Pleuraerguss zu einem Kontrolltermin kommen“, riet der Referent. Auch andere Symptome, die auf der Selbsteinschätzung von Erkrankten beruhen, sollten nach Möglichkeit objektiviert werden. Angaben zur Alltagsbeeinträchtigung anhand von visuellen Analogskalen seien beispielsweise enorm fehlerträchtig, insbesondere wenn die Kranken gleichzeitig unter Beschwerden wie Schmerz, Fatigue oder Depression leiden.
Als positives Beispiel nannte der Referent die objektive Erfassung von körperlicher Aktivität via Akzelerometer. Die Messung sei nicht-invasiv, unterstütze eine Reihe von palliativen Zielen und sei aufgrund der „harten“ Kriterien (Schrittzahl, Dauer, Intensität) auch für die Erkrankten selbst interessant. Tests ergaben, dass Menschen mit Pleuraerguss fast drei Viertel des Tages sitzen oder liegen, ein Viertel mit leichter körperlicher Aktivität verbringen und kaum 2 % der täglichen Wachzeit intensiv aktiv sind.
Eine objektive Erfassung der körperlichen Aktivität von Menschen mit Pleuraerguss ist Prof. Lee zufolge in mehrfacher Hinsicht klinisch relevant. So habe man zeigen können, dass die tägliche Pleuradrainage über einen Dauerkatheter gegenüber der Drainage bei Bedarf die Aktivität signifikant verbessert. Körperliche Aktivität spiegelt zudem den Grad der Sarkopenie wider. Darüber hinaus ist die Schrittzahl in der Aktigrafie assoziiert mit der Mortalität – auch nach Berücksichtigung von ECOG Performance Status oder Histologie.
Aufgrund dieser Erkenntnisse rekrutiert Prof. Lee derzeit zusammen mit einer australischen Studiengruppe 100 Patientinnen und Patienten mit malignem Pleuraerguss für eine Studie (AMPLE-5), die körperliche Aktivität als primären Endpunkt hat. Sie sollen entweder an einem Programm bestehend aus Training, Ernährung und psychologischer Beratung teilnehmen oder eine Standardversorgung erhalten.
Quelle: ERS Congress 2024