Hormontherapie Trans mit Herzrisiko
Mit zunehmendem Alter erhöht sich bei beiden Geschlechtern die Rate kardiovaskulärer Erkrankungen. Frauen hinken Männern mit dem Anstieg etwa fünf bis zehn Jahre hinterher. Die Frage ist, inwiefern physiologische Hormonumstellungen diese Entwicklung bedingen. Bei Frauen gilt der Abfall von Östrogen und Progesteron im Rahmen der Wechseljahre als essenzielle Stellschraube für das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse, erinnerte PD Dr. Lisa Dannenberg vom Universitätsklinikum Düsseldorf. Aber auch die begleitende Hochregulation von LH und FSH scheint Herz und Gefäßen zu schaden.
Männer dagegen haben mit einer sukzessiven Abnahme des Testosteronspiegels über die Lebenszeit zu kämpfen, Andropause oder ADAM* genannt. Diese beginnt ungefähr mit Anfang 20 und kann in höherem Alter in einer Hypotestosteronämie münden. Zudem kann ein Hypogonadismus zu verminderten Serumspiegeln führen. Der Testosteronmangel birgt ein gewisses Risiko. So verschlechtert sich das eventfreie Überleben nach einer Herzkatheterintervention, wenn Männer ein entsprechendes Defizit aufweisen.
Drei Faktoren bestimmen den Effekt eines Hormons
Angesichts dieser Zusammenhänge liegt es nahe, dass eine Hormonsubstitution Schutz bieten könnte. Doch so einfach ist es nicht. Man müsse laut Dr. Dannenberg immer im Hinterkopf behalten, dass Dosis, Therapiedauer und Ausgangslage die drei Säulen sind, die den Effekt eines Hormons bei einer Patientin oder einem Patienten bestimmen. Beispielsweise supprimiert niedrig dosiertes Östrogen die Thrombozytenreaktivität, während hohe Dosen das Gegenteil bewirken.
Was die Hormonersatztherapie (HRT) bei Frauen angeht, so deuteten in den 1980er- und 1990er-Jahren kleine Metaanalysen und tierexperimentelle Studien auf eine Kardioprotektion hin. Inzwischen gibt es größere randomisierte Studien mit ernüchternden Ergebnissen. Sechs Untersuchungen zur Sekundärprävention zeigten keinerlei Unterschiede in den primären Endpunkten. Dazu zählten u.a. Herztod, Myokardinfarkte oder Intima-Media-Dicke der A. carotis. In zwei Studien fand sich sogar eine erhöhte Rate der jeweiligen Endpunkte im ersten bzw. in den ersten beiden Jahren der HRT – für Dr. Dannenberg ein Zeichen, „dass wir einen Peak-Effekt haben, welcher sich später abschwächen könnte“.
Check-up für trans* Personen
- regelmäßiges Monitoring von Gewicht, Blutdruck und Lipiden
- kardiovaskuläres Risiko vor und während der Hormontherapie ermitteln
- in Risikokalkulatoren die Einstellung für Cis-Männer wählen (höhere Sensitivität)
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen analog zur Allgemeinbevölkerung leitliniengerecht behandeln
- zusätzliche psychologische Mitbetreuung sicherstellen
Hinsichtlich der Primärprävention präsentierte die Kollegin die maßgeblichen Daten aus dem Women’s Health Initiative (WHI) Study Program, die letztlich zu einer Abkehr von der Routine-HRT im Klimakterium führten. Die WHI-Studien zur Substitution mit Östrogen allein oder in Kombination mit Progesteron schlossen Anfang der 1990er-Jahre mehr als 27.000 postmenopausale Frauen ein. Gestoppt wurden die Interventionen 2002 bzw. 2004, weil vor allem Schlaganfälle, tiefe Venenthrombosen und jegliche kardiovaskuläre Ereignisse unter dem Hormonersatz signifikant häufiger auftraten als unter Placebo. Zu den wenigen positiven Aspekten gehörte, dass sich die Diabetesrate reduzierte und das Frakturrisiko abnahm.
Menopause sollte nicht länger als zehn Jahre zurückliegen
Subanalysen der WHI-Studien sprechen für einen altersabhängigen Effekt. Bis zum 60. Lebensjahr schien die HRT einer KHK und Schlaganfällen vorzubeugen und die Gesamtmortalität zu senken. In der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen verschwand dieser Vorteil und bei den über 70-Jährigen stieg die Ereignisrate im Vergleich zu Placebo an. Eine Metaanalyse verschiedener HRT-Studien deutet in die gleiche Richtung: Nur Frauen, bei denen die Menopause weniger als zehn Jahre zurücklag, erlitten durch den Hormonersatz seltener eine KHK (Odds Ratio 0,68). Daraus ergibt sich aber keine allgemeine Präventionsempfehlung.
Dr. Dannenberg hält die HRT in den ersten zehn Jahren nach Eintritt der Menopause insgesamt für unbedenklich. Folgende Eckpunkte sollte man bei der Behandlung beachten:
- geringe Dosis
- transdermal
- möglichst früh
- so kurz wie möglich
Vor, während und nach der Therapie ist darüber hinaus ein Risikoassessment erforderlich, das kardiovaskuläre Kontrollen und Dosismonitoring beinhaltet.
* Androgen deficiency of the ageing men
Quelle: Kongressbericht 90. Jahrestagung der DGK