Intervall-Mammakarzinomen Tumordiagnose zwischen zwei Screeningterminen

Autor: Dr. Judith Lorenz

Achtung: Sehr dichtes Drüsengewebe kann einen Tumor verstecken, der dann eventuell fälschlich als Intervallkarzinom gezählt wird. Achtung: Sehr dichtes Drüsengewebe kann einen Tumor verstecken, der dann eventuell fälschlich als Intervallkarzinom gezählt wird. © Sven Bähren – stock.adobe.com

Nahezu ein Drittel der Brustkrebsfälle tritt zwischen zwei Mammografiescreenings auf. Diese Intervallkarzinome weisen im Vergleich zu beim Screening detektierten Tumoren häufiger Keimbahnmutationen in den fünf wichtigsten Brustkrebsgenen auf.

Patient:innen mit Intervall-Mammakarzinomen haben eine ungünstige Prognose: Die Tumoren werden meist in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert und weisen häufiger nachteilige molekulare Konstellationen auf, sind beispielsweise triple-negativ. Ein schwedisches Forschendenteam um Dr. Juan Rodriguez vom Karolinska-Institut in Stockholm ging nun der Frage nach, ob sich Intervallkarzinome und beim Mammografiescreening diagnostizierte Tumoren im Hinblick auf Keimbahnmutationen einer Reihe von Brustkrebs-Suszeptibilitätsgenen unterscheiden und welche Auswirkung diese Genvarianten auf die Überlebenschancen haben.

Prognose von Mutationsträger:innen

Die Überlebenschancen sanken beträchtlich, wenn bei einem Intervallkarzinom eine proteintrunkierende Variante in einem der Gene ATM, BRCA1, BRCA2, CHEK2 oder PALB2 nachweisbar war, berichten die Wissenschaftler:innen. In Bezug auf die brustkrebsspezifische Zehn-Jahres-Mortalität waren die Mutationsträger:innen – unter Berücksichtigung von Tumorcharakteristika und -therapie – signifikant im Nachteil (HR 2,04; 95 %-KI 1,06–3,92). Im Subkollektiv der Teilnehmenden mit einem „echten“ Intervallkarzinom fiel dieser Prognosenachteil noch ausgeprägter aus (HR 2,97; 95 %-KI 1,07–8,25).

Das Analysekollektiv der genetischen Assoziationsstudie umfasste 4.121 schwedische Brustkrebserkrankte im Alter zwischen 40 und 76 Jahren sowie 5.631 gesunde Kontrollen gleichen Alters, die im Zeitraum zwischen 2001 und 2016 am zweijährlichen Mammografiescreening teilgenommen hatten. 2.892 Brusttumoren waren im Zuge einer geplanten Screeninguntersuchung diagnostiziert worden. Bei den übrigen 1.229 handelte es sich um Intervallkarzinome. Nicht alle zwischen zwei Screeningterminen auftretenden Tumoren sind allerdings „echte“ Intervallkarzinome, geben Dr. Rodriguez und Kolleg:innen zu bedenken: Im Falle eines sehr dichten mammografischen Drüsengewebes besteht die Gefahr, dass Tumoren übersehen werden. Sie manifestieren sich dann erst im weiteren Verlauf. Um dieser Problematik gerecht zu werden, berücksichtigten die Autor:innen für ihre Analyse die im Zuge der vorangegangenen Mammografie dokumentierte Brustdichte.

Von allen Teilnehmenden lagen Sequenzierungsergebnisse von 34 Brustkrebsgenen vor. Bei den Personen mit Mammakarzinom fanden die Forschenden häufiger Keimbahnmutationen dieser Risikogene, v.a. in ATM, BRCA1, BRCA2, CHEK2 und PALB2. Sogenannte proteintrunkierende Varianten dieser fünf wichtigsten Suszeptibilitätsgene traten dabei signifikant häufiger in der Gruppe mit Intervallkarzinomen auf (OR 1,48; 95 %-KI 1,06–2,05). 

Geringe Gewebedichte bringt größeres Risiko mit sich

Einen noch stärkeren Zusammenhang gab es bei Intervallkarzinomen in Brüsten mit mammografisch geringer Gewebedichte (OR 1,87; 95 %-­KI 1,22–2,85). Die Erkrankten waren im Vergleich zu jenen mit einem während des Screenings detektierten Tumor rund doppelt so häufig Mutationsträger:innen der Hochrisikogene BRCA1/2 und PALB2.

Die genetische Risikostratifizierung habe das Potenzial, die klinische Versorgung zu verbessern: Anhand des Genprofils lassen sich möglicherweise Personen mit hohem Risiko für einen aggressiven Brustkrebs identifizieren. Da Intervallkarzinome sich dem bevölkerungsbasierten Screening entziehen, bietet sich möglicherweise ein Ansatzpunkt für eine Optimierung der auf die Mortalitätssenkung ausgelegten Früherkennungsprogramme und der Therapie.

Quelle: Rodriguez J et al. JAMA Oncol 2024; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.6287