Burkitt-Lymphom Gute Heilungschancen vor allem für Kinder und Jugendliche
Das Burkitt-Lymphom gilt als eine äußerst aggressive Variante des B-Zell-Lymphoms. Während es in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen häufig auftritt, macht es bei Erwachsenen nur 1-2 % der Non-Hodgkin-Lymphome aus. Derzeit werden drei Varianten der Erkrankung unterschieden, schreiben Mark Roschewski, National Cancer Institute, Bethesda, und sein Team in einem neuen Review: der endemische, der sporadische und der mit Immundefizienz verbundene Typ. Die drei Varianten gleichen sich in ihren morphologischen und immunphänotypischen Merkmalen, weisen jedoch unterschiedliche epidemiologische und klinische Eigenschaften auf.
Die drei Varianten sind unterschiedlich verbreitet
In Regionen, wo Malaria holoendemisch auftritt, ist das endemische Burkitt-Lymphom die häufigste Krebserkrankung bei Kindern. In der Vergangenheit betraf dieser Typ vor allem den Kiefer, die Augenhöhle oder beides, heutzutage dominiert jedoch die Beteiligung des Abdomens. Zu einem Befall des ZNS kommt es in weniger als zehn Prozent der Fälle. Die endemische Variante ist praktisch immer mit einer Epstein-Barr-Virus(EBV)-Infektion assoziiert.
Das mediane Alter von Personen mit sporadischem Burkitt-Lymphom zum Zeitpunkt der Erstmanifestation beträgt zehn Jahre, weitere Peaks gibt es im 40. und 75. Lebensjahr. Männer sind drei- bis viermal häufiger betroffen als Frauen. Der sporadische Typ kann theoretisch jedes Organ betreffen, macht sich aber häufig als schnell zunehmende abdominale Masse mit Beteiligung der Ileozäkalregion bemerkbar, weshalb nicht selten zunächst die Fehldiagnosen akute Appendizitis oder Darmobstruktion gestellt werden. In bis zu 20 % der Fälle ist auch das ZNS befallen, das Knochenmark bei 30–35 % beteiligt. EBV-Infektionen sind in 20–30 % der Fälle mit der sporadischen Variante assoziiert; am häufigsten trifft dies auf Menschen über 50 Jahre zu wie die Wissenschaftler:innen schreiben.
Patient:innen mit einem immundefizienzassoziierten Burkitt-Lymphom sind median 40–45 Jahre alt. Am häufigsten liegt dieser Variante eine HIV-Erkrankung zugrunde. Betroffen sind oftmals der Gastrointestinaltrakt und das Knochenmark. Eine ZNS-Beteiligung gibt es in 20–30 % der Fälle, eine EBV-Infektion bei 25–40 % der Betroffenen.
Für die Pathogenese der Erkrankung spielt u.a. die Translokation des MYC-Onkogens eine entscheidende Rolle. Auch Mutationen in p53 und entlang des PI3K-Signalwegs tragen zur Onkogenese bei.
Die pathologische Abgrenzung des Burkitt-Lymphoms vom DLBCL und anderen hochgradigen B-Zelllymphomen ist nicht immer einfach. Für die Unterscheidung sind die Hohlnadel- und operative Biopsie Mittel der Wahl.
Für das Staging der Erkrankung sind Knochenmarkbiopsie und -aspiration ebenso wie Lumbalpunktion zur Analyse des Liquors unerlässlich. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen beeinflussen die Therapie, etwa die Wahl von aggressiveren ZNS-gängigen Zytostatika. Labortests umfassen die Bestimmung der Zellzahlen, umfassende metabolische Panels, die Messung von LDH und Harnsäure sowie das Screening auf HIV-Infektion, Hepatitis B und C und in ausgewählten Fällen Malaria. Die Bildgebung erfolgt per Ganzkörper-CT. Mit einer PET/CT lässt sich eine extranodale Erkrankung leichter entdecken. Bei Kindern können Sonografie oder MRT die CT ersetzen. Treten neurologische Symptome auf, sind MRT-Scans vom Gehirn und/oder der Wirbelsäule indiziert.
Rasche medizinische Intervention gefragt
Klinische Zeichen, die auf die Erkrankung hinweisen, sollten als medizinischer Notfall angesehen werden. U.a. sind ein unmittelbarer Flüssigkeits- und Elektrolytausgleich unumgänglich. Ein operatives Debulking ist beim Burkitt-Lymphom unnötig und eine Tumorresektion sollte vermieden werden. Die Erholungszeiten nach dem Eingriff würden die systemischen Chemotherapie nur unnötig verzögern, so die Autor:innen.
Vor Beginn einer Chemotherapie sollte Allopurinol gegeben werden, rekombinante Urat-Oxidase kann als Prophylaxe gegen Hyperurikämie zum Einsatz kommen. Grundsätzlich ist die Erkrankung gegenüber einer Chemotherapie sensibel, jedoch reichen konventionelle Dosen CHOP* nicht aus. Eine kurze hoch dosierte Behandlung mit Zytostatika, die die Blut-Hirnschranke penetrieren, führt bei mehr als 90 % der Kinder und Jugendlichen zur Heilung. Erwachsene hingegen erreichen mit der hoch dosierten Chemotherapie nur in 75–85 % der Fälle eine Langzeitremission. Oftmals muss die Chemotherapie wegen starker Nebenwirkungen reduziert werden. Bei erwachsenen Patient:innen, die die Behandlung einigermaßen vertragen, betragen die Zwei-Jahres-Raten des ereignisfreien Überlebens rund 65–80 %.
Eine ZNS-Beteiligung verschlechtert vor allem in der Gruppe der Erwachsenen die Prognose. Kinder und Jugendliche mit ZNS-Befall haben durch die Intensivierung der intrathekalen und systemischen Chemo-Immuntherapie bessere Aussichten. Älteren Betroffenen steht diese Option oft nicht zur Verfügung, weil die Nebenwirkungen zu stark sind. Darüber hinaus ist die Rezidivrate bei ZNS-Beteiligung mit 5–10 % hoch.
Rezidivierte Erkrankung lässt sich selten heilen
Im Fall eines Rezidivs oder einer refraktären Erkrankung tendieren die Heilungsaussichten in allen Altersgruppen gegen null. Eine Salvage-Chemotherapie gefolgt von einer Konsolidierung mit autologer oder allogener Stammzelltransplantation führen zu einer Überlebensrate von < 20 %. In Studien werden zielgerichtete Signalweg-Inhibitoren und immuntherapeutische Ansätze wie CAR-T-Zellen getestet, um der Resistenz gegenüber der Chemotherapie etwas entgegenzusetzen.
* Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison
Quellen:
Roschewski M et al. N Engl J Med 2022; 387: 1111-1122; DOI: 10.1056/NEJMra2025746