Schwangerschaft trotz Brustkrebs Unterbrechung der adjuvanten endokrinen Therapie ist möglich

SABCS 2022 Autor: Birgit-Kristin Pohlmann

Der Kinderwunsch und die Chance auf ein gesundes Kind ist für junge Frauen mit frühem, potenziell heilbarem Mammakarzinom ein wichtiges Thema. Der Kinderwunsch und die Chance auf ein gesundes Kind ist für junge Frauen mit frühem, potenziell heilbarem Mammakarzinom ein wichtiges Thema. © SciePro ‒ stock.adobe.com

Haben Patientinnen mit frühem, hormonsensitivem Mammakarzinom einen Kinderwunsch, so können sie die adjuvante endokrine Therapie vorübergehend unterbrechen, um schwanger zu werden. Das legen nun erstmals prospektive Daten nahe.

Der Kinderwunsch und die Chance auf ein gesundes Kind ist für junge Frauen mit frühem, potenziell heilbarem Mammakarzinom ein wichtiges Thema. Forschende untersuchten in einer internationalen, einarmigen Studie, ob die Patientinnen eine adjuvante endokrine Therapie unterbrechen können, um schwanger zu werden.  Eingeschlossen waren 518 prämenopausale Betroffene mit frühem HR+/HER2- Brustkrebs – mehrheitlich der Stadien I–II (Stadium III: 6 %). Zwei Drittel hatten keinen Lymphknotenbefall, das mediane Alter betrug 37 Jahre. Drei Viertel der Erkrankten waren vorher noch nicht schwanger, berichtete Prof. Dr. Ann H. Partridge, Dana-Farber Cancer Institute, Boston. 

Die ersten Ergebnisse, die auf einer medianen Nachbeobachtungszeit von 41 Monaten basieren, ergaben keine klinisch relevanten Unterschiede zur Vergleichskohorte hinsichtlich der aufgetretenen Rezidive: Einen Rückfall in der Brust erlitten 8,9 % vs. 9,2 % (HR 0,81) und eine Fernmetastasierung 4,5 % vs. 5,8 % der Patientinnen (HR 0,70). 

Der Schwangerschaftsstatus konnte von 497 Frauen nachverfolgt werden: Davon wurden 74 % mindestens einmal schwanger, darunter 70 % innerhalb von zwei Jahren. 86 % (317/368) hatten mindestens eine Lebendgeburt. Von den insgesamt 365 geborenen Kindern waren 92 % normalgewichtig; bei 8 % lag das Geburtsgewicht < 2.500 g. Geburtsfehler traten mit 2 % selten auf. Auch die Mütter wiesen keine erhöhte Komplikationsrate auf. 

Zum Auswertungszeitpunkt hatten 76 % der Patientinnen die adjuvante endokrine Therapie nach der Schwangerschaft planmäßig fortgeführt, davon etwa die Hälfte innerhalb von 26 Monaten. 8 % der Frauen hatten ein Rezidiv erlitten oder sie waren an ihrer Erkrankung gestorben. Die restlichen Teilnehmerinnen hatten die adjuvante endokrine Behandlung noch nicht wieder aufgenommen.

Design der POSITIVE-Studie

Die Frauen mussten 18–30 Monate adjuvant endokrin behandelt worden sein, bevor eine vorübergehende Therapieunterbrechung erlaubt war. Dem schloss sich eine dreimonatige Wash-out-Phase an, so Prof. Partridge. Primärer Studienendpunkt war das brustkrebsfreie Intervall im Vergleich zu einer externen historischen Vergleichskohorte aus den SOFT/TEXT-Studien.

Die vorliegenden Daten deuten laut Prof. Partridge darauf hin, dass eine vorübergehende Unterbrechung der adjuvanten endokrinen Therapie für eine Schwangerschaft das frühe Rezidivrisiko nicht erhöht. Auch für die Neugeborenen wurden keine klinisch relevanten Nachteile beobachtet. Ein längeres Follow-up sei jedoch sinnvoll und auch geplant. Die Daten unterstreichen, so die Referentin, die Notwendigkeit einer patientinnenzentrierten reproduktiven Gesundheitsvorsorge im Zuge der Behandlung junger Betroffener.

Bericht: San Antonio Breast Cancer Symposium 2022