Magnesiummangel Unterschätzter Elektrolyt

Autor: Dr. Nils Bröckelmann

Die Entstehung von Magnesiummangel kann durch verschiedene Ursachen begründet werden. Die Entstehung von Magnesiummangel kann durch verschiedene Ursachen begründet werden. © сергей назаров-stock.adobe.com

Ein Magnesiummangel ist mit teils gravierenden Erkrankungen assoziiert. Trotzdem wird im Alltag viel zu selten danach gefahndet. Neben mangelnder oraler Zufuhr spielt vor allem der renale Verlust des Elektrolyten durch Medikamente eine Rolle. 

Magnesium wurde schon 1980 als der „vergessene Elektrolyt“ bezeichnet. Seitdem konnten durch genomische Forschungen einige klinisch relevante Zusammenhänge ergründet werden. Während die Hypermagnesiämie nur selten auftritt – in der Regel bei Niereninsuffizienten unter spezieller Pharmakotherapie – ist die Hypomagnesiämie häufig, schreiben Prof. Dr. Rhian Touyz von der McGill University Montreal und Kollegen.

Als Hypomagnesiämie bezeichnet man einen Spiegel von unter 1,7 mg/dl, den man in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 3–10 % findet. Bei Hospitalisierten liegt die Prävalenz mit 10–60 % deutlich höher, wobei die Rate bei Intensivpatienten noch weiter ansteigt. Schwierig ist es allerdings, die Spiegel mit klinischer Symptomatik zu korrelieren. So sind viele Patienten mit grenzwertig niedrigen Spiegeln asymptomatisch.

Typische, aber unspezifische Beschwerden unter Hypomagnesiämie sind Lethargie, Schwäche und Muskelkrämpfe. Schwere Kardiale Arrhythmien oder neurologische Symptome wie Tremor oder Krampfanfälle treten in der Regel erst bei Spiegeln unter 1,2 mg/dl auf. Gleiches gilt für Chondrokalzinosen und Insulinresistenz. In epidemiologischen Studien sind niedrige Magnesiumspiegel mit höheren Mortalitätsraten verbunden, vor allem in Kombination mit einer Hypokaliämie.

Ein Magnesiummangel entsteht entweder durch verminderte Aufnahme, vermehrte gastrointestinale Verluste, verringerte renal Reabsorption oder Umverteilung des Elektrolyts vom extra- in den intrazellulären Raum. Eine wichtige und häufige Ursache für Magnesiummangel sind Pharmaka (siehe Kasten). Laut Prof. Touyz ist Magnesiummangel auch die häufigste durch Alkoholabusus bedingte Elektrolytstörung, die durch Unterernährung noch begünstigt wird. Bei Diabetes mellitus Typ 2 kommt es durch verschiedene Mechanismen bei 10–30 % der Patienten zu einem Magnesiummangel. Auch mit kardiovaskulären Erkrankungen bringt man den Elektrolyten in Verbindung. Besonders evident sind die Zusammenhänge bei der Eklampsie, bei der trotz Unklarheit über die Pathomechanismen die Gabe von Magnesium bewiesenermaßen einen positiven Effekt hat. Eine seltene Ursache für Magnesiummangel sind angeborene genetische Störungen, die vor allem die Reabsorption von Magnesium im Tubulus behindern.  

Auswahl von Substanzen mit Wirkung auf den Magnesiumhaushalt

Magnesiumverlust

  • PPI
  • Schleifendiuretika, Thiazide
  • EGFR-Inhibitoren
  • Tacrolimus

Magnesiumaufnahme

  • SGLT-2 Inhibitoren
  • kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Triamteren)
  • Inulin

Die Evaluierung des tatsächlichen Magnesiumgehalts im Körper ist komplex. Weniger als 1 % des Gesamtmagnesiums befinden sich im Blutplasma. Auch wenn in den intrazellulären Speichern Mangel herrscht, können die Serumspiegel im Normalbereich liegen. Umgekehrt sind niedrige Spiegel bei normalem Gesamtmagnesium denkbar. Wird ein Magnesiummangel festgestellt, ist die Ursache normalerweise aus der Krankengeschichte des Patienten ersichtlich. Im Zweifel ist insbesondere zwischen renalen und gastrointestinalen Magnesiumverlusten zu unterscheiden. Hierfür können spezifische diagnostische Methoden wie die 24-Stunden-Magnesiumausscheidung, die fraktionelle Mg-Exkretion und der Magnesium-Loadingtest herangezogen werden.

Magnesiummangel kommt selten allein

Bei Magnesiummangel liegen oft gleichzeitig andere Elektrolytstörungen wie Hypokaliämie, Hypokalzämie und metabolische Alkalose vor. Deshalb wird eine Kontrolle des Magnesiumspiegels häufig vergessen. Magnesiummangel fördert die Kalium- und Kalziumausscheidung in der Niere, letzteres, indem die Bildung und Funktion vom Parathormon gestört wird. Sowohl die mit Magnesiummangel assoziierte Hypokaliämie als auch die Hypokalzämie sind oftmals refraktär, bis die Magnesiumspeicher wieder aufgefüllt sind. 

Bei leichtem Magnesiummangel ist die orale Substitution – z.B. mit Magnesiumcitrat – die erste Wahl, allerdings durch die typische Nebenwirkung Diarrhö limitiert. Reicht dies zum Anheben des Mg-Spiegels nicht aus, steigern bei intakter Nierenfunktion kaliumsparende Diuretika (z.B. Amilorid) oder SGLT-2 Inhibitoren die renale Magnesiumreabsorption. Bei Magnesiummangel durch PPIs kann Inulin eingesetzt werden, welches die gastrointestinale Aufnahme fördert. In schweren Fällen und bei bedrohlichen Krankheitsbildern substituiert man Magnesiumsulfat intravenös. Indikationen bestehen bei Torsades- de-pointes-Tachykardien, akuten Asthma-Exazerbationen nach initial erfolgloser Therapie und der (Prä-) Eklampsie

Quelle: Touyz RM et al. N Engl J Med 2024; 390: 1998-2009; doi: 10.1056/NEJMra1510603