Ursachen für Vorfußschmerz schnell diagnostizieren
Wer die Genese von Vorfußschmerzen exakt und möglichst schnell erkennen will, muss genau wissen, was er in der Anamnese erfragt und welche Tests er in der Diagnose veranlasst. Wichtige Hinweise liefert oft schon die Lokalisation der Beschwerden. Patienten mit primärer Metatarsalgie verspüren Schmerzen unter den Köpfchen der betroffenen Mittelfußknochen. Hallux valgus und rigidus sowie die Sesamoiditis manifestieren sich am ersten Os metatarsale. Läsionen der Plantarplatte melden sich häufig am zweiten Caput, Morton-Neurome am dritten und vierten, schreiben Wissenschaftler aus London um Theo Pelly, Kingston Hospital.
Auch die Schmerzqualität verrät einiges über den Auslöser. Patienten mit Morton-Neurom fühlen sich, „als ob sie über Kiesel zu laufen“. Gehen sie barfuß, nehmen die Beschwerden zu. Typisch sind in die Zehen ausstrahlende Parästhesien und neuropathische Schmerzen, die oft als brennend oder elektrisierend beschrieben werden. Stressfrakturen verursachen dagegen eher dumpfe Schmerzen.
Zeitpunkt Beschwerdebeginn im Gangzyklus entscheidend
Außerdem sollten Sie immer fragen, wann die Symptome auftreten, raten die Autoren. Vorfußschmerzen verschiedener Genese verstärken sich nach längerem Tragen hochhackiger Schuhe mit wenig Platz für die Zehen. Deshalb erlaubt die Fußbekleidung noch keinen Rückschluss auf die Ursache. Zur Differenzierung besser geeignet ist der Zeitpunkt des Auftauchens im Gangzyklus.
Primäre Metatarsalgien machen sich bemerkbar, wenn der Patient den Vorfuß aufsetzt (Propulsion) und die Ferse anhebt. Sie werden oft durch anatomische Veränderungen mit verstärkter Plantarflexion im Metatarsophalangealgelenk (MTP) ausgelöst. Eine Entzündung im Bereich der Sesambeine schmerzt dagegen beim Aufsetzen der Ferse mit dorsiflektierten Zehen („toe-off“-Phase). Typisch für die Sesamoiditis: Die Schmerzen nehmen zum Ende des Tages hin zu, verschlimmern sich nach längerer Gewichtsbelastung und lassen im Sitzen nach. Stressfrakturen melden sich hingegen bei verstärktem körperlichem Training.
Zehendeformitäten
- Hammerzehe: exzessive Flexion des proximalen Interphalangealgelenks (PIP)
- Malletzehe: fixierte Flexion des distalen Interphalangealgelenks (DIP), auch Endgelenkshammerzehe genannt
- Krallenzehe: Hyperextension des Metatarsophalangealgelenks (MTP) und Hyperflexion im PIP-Gelenk
Spezielle Tests
- Mulder-Klicktest: Vorfuß mit einer Hand von dorsal in den Zangengriff nehmen, sodass die Metatarsalköpfchen einen Bogen bilden. Mit dem Daumen der anderen Hand im Intermetatarsalraum 3/4 auf die Fußsohle drücken. Ein schmerzhafter und tastbarer Klick weist auf ein Morton-Neurom hin (cave: falsch positive Resultate möglich). Video des Klicktests hier.
- Drawer-Test: Das Metatarsalköpfen mit einer Hand stabilisieren, mit der anderen versuchen, die proximale Phalanx zu verschieben. Kommt es zu Schmerzen und einer vertikalen Displatzierung, ist eine Schädigung der Plantarplatte mit MTP-Instabilität hoch wahrscheinlich.
Schuhe mit gepolsterter Sohle und breitem Zehenraum
Therapeutisch sollten Sie Patienten mit Vorfußschmerzen Schuhe mit breitem Zehenraum und gepolsterter Sohle empfehlen, damit das Gewicht verteilt wird. Spezielle Pelotten, die direkt unter den betroffenen Metatarsalköpfchen plaziert werden, mindern die plantare Druckbelastung. Dehnübungen für die Wade können den Druck auf den Vorfuß mindern und so den Schmerz reduzieren. Zur symptomatischen Therapie des Halux valgus eignen sich sog. Spacer, die die Großzehe in Position halten. Wenn eine konservative Therapie mechanisch bedingter Fußschmerzen nicht den gewünschten Erfolg erzielt, sollte der Patient zu einem auf Fußoperationen spezialisierten Orthopäden überwiesen werden.Quelle: Pelly T et al. BMJ 2020; 371: m3704; DOI: 10.1136/bmj.m3704