Pes planus Gesunde Plattfüße in Ruhe lassen
Gibt es eine ideale Fußform? Der amerikanische Chiropodologe Merton Root glaubte dies und postulierte 1977 in seinem Standardwerk „Normal and Abnormal Function of the Foot“ gleichzeitig: Plattfüße gehören sicher nicht dazu. Er meinte, dass sie den Körper zwingen, immer wieder ihre biomechanischen Schwächen zu kompensieren. Das wiederum mache ihn anfälliger für Verletzungen, sowohl im Sport als auch im Alltag.
Auch ein asymptomatischer Pes planus muss behandelt werden, lautet deshalb seitdem bei vielen Orthopäden die Devise, behauptet Prof. Dr. Gabriel Moisan von Université du Québec à Trois-Rivières. Unglücklicherweise habe dieses Vorgehen häufig medizinische Eingriffe zur Folge, „die eigentlich nicht notwendig sind“, schreibt er zusammen mit Kollegen. Was wiederum Patienten veranlasse, sich unnötige Sorgen um den Zustand ihrer Füße zu machen.
Die Autoren berufen sich bei ihrer Aussage auf zwei Metaanalysen. Beide hätten zwar eine schwache kausale Beziehung zwischen einem Pes planus und einem medialen Tibia-Stress-Syndrom, patellofemoralen Schmerzen und nicht-spezifischen Überlastungsverletzungen der unteren Extremität gefunden – aber sonst eben zu keinen anderen Problemen. Auch gebe es keine Belege dafür, dass Plattfüße ein Risikofaktor für Verletzungen seien.
Als gesunde anatomische Variante betrachten
Asymptomatische Plattfüße sind in der Regel keine Deformität, die der Aufmerksamkeit eines Arztes bedürfen, schreiben Prof. Moisan und seine Kollegen. Stattdessen sollte man sie als gesunde anatomische Variante verstehen. Aber wie stets in der Medizin gibt es auch hier Ausnahmen: Werde der Pes planus erst im Laufe des Lebens erworben, so die Autoren, könne er ein Hinweis auf eine Dysfunktion der posterioren tibialen Sehne sein. „Manchmal ist es deshalb notwendig, die Morphologie des Fußes in ihrem klinischen Kontext zu betrachten.“
Quelle: Moisan G et al. Br J Sports Med 2023; DOI: 10.1136/bjsports-2023-107183