ALL und Down-Syndrom Verdreifachtes Rückfallrisiko
Kinder mit Down-Syndrom erkranken häufiger an einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) als Personen, die nicht davon betroffen sind. Zudem haben Patienten dann auch ein höheres Risiko für ein Rezidiv sowie für therapiebedingte Todesfälle. Ein Grund könnte beispielsweise darin liegen, dass ALL-Erkrankte mit Trisomie 21 seltener prognostisch günstige genetische Läsionen – ETV6-RUNX1 und einen hohen Grad an Hyperdiploidie –, dafür aber häufiger ungünstige IKZF1-Deletionen aufweisen als Betroffene ohne Down-Syndrom.
Um diese Zusammenhänge zu untersuchen, screente eine global zusammengesetzte Arbeitsgruppe um Naomi Michels, Princess Máxima Center for Pediatric Oncology in Utrecht, acht große Therapiestudien mit über 8.000 ALL-Patienten im Alter zwischen einem und 23 Jahren. Sie fanden 251 Kinder und Jugendliche mit Trisomie 21, von denen 136 für die geplanten Analysen geeignet waren. Diese wurden bezüglich klinischer und genetischer Risikofaktoren einschließlich IKZF1-Deletionen mit insgesamt 407 Erkrankten ohne Down-Syndrom gematcht.
Trisomie 21 führt zu mehr Todesfällen in Induktion
Primärer Endpunkt war der Vergleich der Titer an minimaler Resterkrankung (MRD) zwischen Trisomie-21- und Kontroll-Personen. Eine MRD < 0,0001 galt dabei als niedrig und ≥ 0,0001 als hoch. Für die sekundären Endpunkte verglichen die Autoren Langzeitergebnisse, d.h. ereignisfreies und Gesamtüberleben, Rezidivraten und therapiebedingte Mortalität, zwischen den Gruppen.
Mit 38 % vs. 39 % gab es hinsichtlich der Rate an hohen MRD-Titern nach Ende der Induktionsbehandlung keinen Unterschied zwischen den beiden Kohorten (Odds Ratio 0,97; p = 0,88). In der Subgruppe mit IKZF1-Deletionen hatten die Down-Syndrom-Patienten allerdings mit einer Rezidivrate von 37,1 % vs. 13,2 % nach fünf Jahren ein fast dreifach höheres Rückfallrisiko (Hazard Ratio 4,3; p = 0,0028). Bei Personen mit IKZF1-Wildtyp hingegen fand sich kein Unterschied: Die Rezidivrate betrug 5,8 % vs. 8,1 % (HR 1,0; p = 0,99). Zudem gab es unter den Betroffenen mit Down-Syndrom mit 6 % vs. 0,8 % mehr Todesfälle während der Induktion, und die therapiebedingte Mortalität fünf Jahre danach war ebenfalls höher (12,2 % vs. 2,7 %; HR 5,0; p < 0,0001).
Die Wirksamkeit der Induktion unterscheidet sich also zwischen Patienten mit und ohne Trisomie 21 nicht, resümieren die Forscher. Liegt aber als zusätzlicher Risikofaktor eine IKZF1-Deletion vor, so scheint das Down-Syndrom die Prognose zu verschlechtern. Offenbar gibt es Wechselwirkungen zwischen den genetischen Keimbahn-Veränderungen und der somatischen Hochrisiko-Mutation, schreiben die Autoren weiter. Da hier sowohl das Rezidivrisiko als auch die therapiebedingte Mortalität erhöht ist, müssten die Behandlungsstrategien für diese Subgruppe überdacht werden.
Quelle: Michels N et al. Lancet Haematol 2021; 8: e700-e710; DOI: 10.1016/S2352-3026(21)00272-6