Brustkrebs Verzicht auf adjuvante ET ist hier keine gute Idee

ASCO 2024 Autor: Birgit-Kristin Pohlmann

Sollten Brustkrebs Patient:innen mit niedriger ER-Expression auf eine adjuvante endokrine Therapie verzichten? Sollten Brustkrebs Patient:innen mit niedriger ER-Expression auf eine adjuvante endokrine Therapie verzichten? © Peakstock – stock.adobe.com

Patient:innen mit frühem HR+/HER2- Mammakarzinom und niedriger Östrogenrezeptor-Expression sollten zusätzlich zur Chemotherapie adjuvant endokrin behandelt werden. Passiert dies nicht, steigt das relative Mortalitätsrisiko um 25 %. 

Expert:innen diskutieren immer wieder, ob Erkrankte mit frühem HR+/HER2- Brustkrebs und niedriger Östrogenrezeptor(ER)-Expression auf eine adjuvante endokrine Therapie (ET) verzichten können. Dazu liegen jetzt die Ergebnisse einer retrospektiven Analyse vor, die auf den Daten von 354.378 Personen mit frühem ER+ Mammakarzinom der Stadien I-III aus der National Cancer Database (NCDB) basiert. 10.362 (3 %) von ihnen wurden aufgrund einer ER-Expression von 1–10 % als ERlow klassifiziert. 

Mehrheitlich (n = 7.018) erhielten die ERlow-Patient:innen eine Chemotherapie, die in 62 % der Fälle neoadjuvant und bei 38 % adjuvant gegeben wurde. Diese Gruppe bildete die Studienkohorte, erläuterte Prof. Dr. Grace M. Choong, Mayo Clinic, Rochester. 73 % hatten einen negativen Progesteronrezeptor(PR)- und 65 % einen negativen HER2-Status. 73 % wiesen ein G3-Karzinom und 60 % einen cT2-4-Tumor auf; 65 %  waren cN0. Der mediane Ki67-Wert betrug 58 %. 

2.946 Teilnehmende (42 %) hatten auf eine adjuvante ET verzichtet. Signifikant häufiger handelte es sich dabei um Erkrankte mit negativem PR-Status (OR 1,81; p < 0,001), negativem HER2-Status (OR 1,23; p < 0,001), hoher Ki67-Expression (≥ 20 %; OR 1,33; p < 0,01) sowie um cN0-Patient:innen (OR 1,18; p = 0,007). Prof. Choong führte dies darauf zurück, dass der negative PR- und HER2-Status typisch für eine TNBC-Biologie seien und ein hoher Ki67-Wert als Prädiktor für ein besseres Ansprechen auf eine Chemotherapie gelte. 

Besser nicht adjuvante ET verzichten

Auch bei Personen mit neoadjuvanter (statt adjuvanter) Chemotherapie entfiel die adjuvante ET signifikant häufiger. Dies galt besonders für diejenigen, die keine pCR erzielt hatten (pCR: OR 1,41; p < 0,001; non-pCR: OR 1,74; p < 0,001).

Nach einem medianen Follow-up von drei Jahren waren 586 Todesfälle eingetreten. Unter Berücksichtigung verschiedener Variablen wie Alter, Komorbiditäten, PR- und HER2-Status hatten Erkrankte mit frühem ERlow Mammakarzinom ohne zusätzliche adjuvante ET ein um 25 % erhöhtes relatives Sterberisiko als jene mit ET (HR 1,25; p = 0,01). Nach zwei Jahren lebten noch 94,8 % vs. 92,6 % mit vs. ohne adjuvante ET. Nach drei Jahren hatte sich die Differenz der OS-Rate vergrößert (92,3 % vs. 89,1 %). 

Eine explorative Analyse bei Patient:innen mit neoadjuvanter Chemotherapie (NACT) wies darauf hin, dass das erhöhte Sterberisiko wesentlich vom Ansprechen auf die NACT abhing und insbesondere für Erkrankte bestand, die keine pCR erzielt hatten (HR 1,27 vs. HR 1,06). In Ermangelung prospektiver klinischer Daten sollte derzeit bei Personen mit frühem ERlow Brustkrebs trotz Chemotherapie nicht auf die adjuvante ET verzichtet werden, resümiert Prof. Choong die Datenauswertung.

Quelle:
Choong GMY et al. 2024 ASCO Annual Meeting; Abstract 513