Tropenkrankheiten Von Einzellern, Viren und Würmern
Jede Reise ins Ausland geht mit dem Risiko einher, eine Infektion mitzubringen. Bei Fernurlaubern ist die akute Reisediarrhö die häufigste Erkrankung. Sie tritt in etwa bei einem Drittel aller Touristen auf, die Hochrisikogebiete wie Indien oder Mexiko besuchen. Oft klingen die Beschwerden innerhalb von drei bis fünf Tagen von selbst wieder ab. Doch bei jedem fünften bis zehnten Betroffenen kommt es zu Komplikationen wie Fieber, Blut im Stuhl, Exsikkose oder Kreislaufbeschwerden.
In einem Großteil der Fälle (30–40 %) sind enterotoxinbildende E.-coli-Stämme (ETEC) für die akute Reisediarrhö verantwortlich. Prinzipiell können aber auch andere Bakterien sowie Parasiten oder Viren dahinterstecken. Eine spezifische Erregerdiagnostik ist i.d.R. nur bei komplizierten Verläufen erforderlich. Wenn Fieber auftritt, sollte insbesondere auch an lebensbedrohliche septische Infektionen wie Malaria und Typhus gedacht werden.
Therapeutisch steht die Symptomlinderung (v.a. über Rehydratationsmaßnahmen) im Vordergrund. Unter Umständen ist der Einsatz von Motilitätshemmern und Antibiotika sinnvoll. Letztere werden aber nur bei kritischen Erregern (Shigellen, Entamoeba histolytica), schweren Symptomen oder Risikofaktoren (z.B. Immunsuppression) angeraten. Dabei ist Azithromycin Mittel der Wahl. Bei nicht-invasiven Erregern kann alternativ Rifaximin zum Einsatz kommen.
Mit dem Mikroskop auf Eiersuche gehen
Eine chronische Diarrhö (≥ 4 Wochen) steht vor allem nach längeren Auslandsaufenthalten bzw. bei Migranten im Vordergrund und wird häufig durch Parasiten (v.a. Protozoen wie Giardia lamblia, seltener Helminthen) verursacht. Zusätzlich zur molekularen und kulturbasierten Erregerdiagnostik sollte deshalb eine wiederholte mikroskopische Stuhluntersuchung auf Protozoen und Wurmeier erfolgen. Zudem ist eine HIV-Infektion differenzialdiagnostisch abzuklären.
Die Therapie der chronischen Diarrhö richtet sich nach dem Erreger. Die Erstlinientherapie bei einer Giardia-lamblia-Infektion besteht aus der Gabe eines Nitroimidazolpräparats wie Metronidazol. Bei ausbleibendem Erfolg ist ggf. eine Kombinationstherapie sinnvoll. Versagt auch die Zweitlinienbehandlung, kann prinzipiell Quinarcin helfen. Die Substanz ist in Deutschland allerdings nicht zugelassen.
Kokzidien wie Cystoisospora belli können eine chronische Diarrhö verursachen. Infektionen mit dem Erreger gehen häufig mit einer Eosinophilie einher. Bei Immunkompetenten kommt eine antimikrobielle Behandlung infrage, die Infektion kann selbstlimitierend sein. Sind HIV-Patienten betroffen, liegt das Augenmerk auf der antiretroviralen Therapie, die ggf. optimiert werden muss.
Obwohl Helminthen als Auslöser gastrointestinaler Beschwerden eher selten anzutreffen sind, macht aufgrund möglicher Komplikationen und Spätfolgen die differenzialdiagnostische Abklärung eines Befalls mit Schistosoma mansoni, Strongyloides stercoralis und Ascaris lumbricoides Sinn.
Ein intestinaler Helminthenbefall verursacht oft nur schwache oder unspezifische Symptome. Sowohl adulte Würmer als auch Larven können in andere Organe einwandern. Mögliche Folgen sind die Zerstörung des Lebergewebes oder die Okklusion von Gallenwegen. Infolge einer Eiablage kann es außerdem zu einer Leberfibrose mit portaler Hypertension (Schistosomiasis) kommen. Auch die Entwicklung von Tumoren (z.B. Cholangiokarzinom durch Clonorchis sinensis) ist möglich.
Auf den Hundebandwurm gekommen
Für die Diagnostik kommen serologische Bestimmungen und bildgebende sowie histologische Untersuchungen der Leber in Betracht. Gegebenenfalls lassen sich im Stuhl Wurmeier nachweisen.
Die Therapie der Schistosomiasis besteht in der Gabe von Praziquantel. Bei einem ausgeprägten portalen Hypertonus kann die Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts angezeigt sein.
Der Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) ruft eine zystische Echinokokkose hervor. In Deutschland sind davon überwiegend Migranten betroffen. In der Mehrzahl der Fälle wird ein Befall bei beschwerdefreien Patienten diagnostiziert. Die Zysten finden sich vor allem in der Leber und können über 20 cm groß werden. Die Diagnose erfolgt anhand der Expositionsanamnese, bildgebender Verfahren und serologischer Tests.
Für die Behandlung stehen medikamentöse und operative Maßnahmen sowie perkutane Interventionen zur Verfügung. Unter Umständen kommt auch eine Verlaufsbeobachtung infrage. Die Therapieentscheidung sollte interdisziplinär an einem mit der Erkrankung erfahrenen Zentrum erfolgen.
Ein Amöbenleberabszess ist die häufigste extraintestinale Manifestation einer Infektion mit Entamoeba histolytica. Er äußert sich meist in hohem Fieber und Schmerzen im rechten, oberen abdominellen Quadranten. Typische Laborbefunde sind: Leukozytose, erhöhte Konzentration des C-reaktiven Proteins und erhöhte Leberwerte. Die weitere Diagnostik besteht aus bildgebenden Verfahren und einer serologischen Bestimmung.
Eine therapeutische Drainage ist in der Regel nur bei Rupturgefahr indiziert. Stattdessen wird die invasive Amöbiasis mit Metronidazol behandelt. Im Anschluss erfolgt eine Eradikation der intraluminalen Zysten mit Paromomycin.
Quelle: Kreuels B, Schmiedel S. Internist 2022; 63: 379-387; DOI: 10.1007/s00108-022-01280-5