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Schmerztherapie für Krebspatienten Wann ergänzende Akupunktur, Yoga & Massagen helfen könnten

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Ein Expert:innenkomitee geht der Frage nach, inwiefern integrative Ansätze für die Schmerzbehandlung in der Onkologie hilfreich sind.
Ein Expert:innenkomitee geht der Frage nach, inwiefern integrative Ansätze für die Schmerzbehandlung in der Onkologie hilfreich sind. © blackday – stock.adobe.com
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 Für integrative Verfahren wie Akupunktur, Massagen und Yoga in der Schmerztherapie interessieren sich viele Patient:innen mit Tumoren. Den Nutzen bewerten die Society for Integrative Oncology und der American Society of Clinical Oncology in einer gemeinsamen Leitlinie.

Krankeits- oder behandlungs­assoziierte Schmerzen können die Lebensqualität von Krebspatient:innen stark beeinträchtigen. Der Frage, inwiefern integrative Ansätze für die Schmerzbehandlung in der Onkologie hilfreich sind, ist ein internationales, multidisziplinäres Expert:innenkomitee nachgegangen. 

Basierend auf ihren Erkenntnissen aus systematischen Übersichtsarbeiten, Metaanalysen und randomisierten kontrollierten Studien haben die Kolleg:innen um Dr. Jun J. Mao­, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, evidenzbasierte Empfehlungen erarbeitet. Diese wurden jetzt in einer gemeinsamen Leitlinie der Society for Integrative Oncology (SIO) und der American Society of Clinical Oncology (ASCO) veröffentlicht.

Interdisziplinäres Vorgehen stets notwendig

Schmerzen bei Krebserkrankten und -überlebenden werden meist durch den Tumor selbst oder die Behandlung ausgelöst; aber auch nicht krebsbedingte Schmerzen sind möglich. Darüber hinaus können sie unterschiedliche Erscheinungsformen haben – z. B. neuropathisch vs. muskuloskelettal – und von variierender Dauer sein (chronisch vs. akut). Aufgrund dieser Komplexität erfordert die Schmerzbehandlung einen interdisziplinären Ansatz und sollte gegebenenfalls sowohl pharmakologische als auch nicht-pharmakologische Maßnahmen umfassen. 

Unter integrativer Medizin versteht man den koordinierten Einsatz von evidenzbasierten komplementären Praktiken und konventionellen Behandlungsmethoden gegen Schmerzen wie Medikamente, Bestrahlung, Injektionen und physikalische Therapien. Sie umfasst Maßnahmen wie Akupunktur, Massage, Meditation und Yoga, die in Krebszentren zunehmend verfügbar sind und für die Symptom- und Schmerzbehandlung empfohlen werden, heißt es in der Leitlinie. 

Aromatasehemmer-bedingte Gelenkschmerzen

  • Akupunktur sollte Brustkrebs-Erkrankten angeboten werden, die unter Aromatasehemmer-(AI-)bedingten Gelenkschmerzen leiden (Evidenzqualität: mittel; Stärke der Empfehlung: mäßig).
  • Yoga kann Patient:innen mit AI-bedingten Gelenkschmerzen beim Mammakarzinom angeboten werden (Evidenzqualität: gering; Stärke der Empfehlung: schwach).

Allgemeine Krebsschmerzen / muskuloskelettale Schmerzen

  • Akupunktur kann Personen angeboten werden, die allgemeine oder muskuloskelettale Schmerzen aufgrund von Krebs erfahren (Evidenzqualität: mittel; Stärke der Empfehlungen: mäßig).
  • Reflexzonenmassage oder Akupressur kann Betroffenen angeboten werden, die während einer systemischen Tumortherapie unter Schmerzen leiden (Evidenzqualität: mittel; Stärke der Empfehlung: mäßig).
  • Massage kann Erkrankten angeboten werden, die nach einer Mammakarzinombehandlung chronische Schmerzen entwickeln (Evidenzqualität: gering; Stärke der Empfehlung: mäßig).
  • Hatha-Yoga kann Patient:innen angeboten werden, die nach einer Therapie von Brust- oder Kopf-Hals-Tumoren Schmerzen erfahren (Evidenzqualität: gering; Stärke der Empfehlung: schwach).
  • Geführte Imaginationen mit progressiver Muskelentspannung können Personen angeboten werden, die unter allgemeinen Schmerzen infolge einer Krebsbehandlung leiden (Evidenzqualität: niedrig; Stärke der Empfehlung: schwach).

Chemotherapie-induzierte periphere­ Neuropathie (CIPN)

  • Akupunktur kann Betroffenen angeboten werden, die eine CIPN infolge einer Tumortherapie entwickeln (Evidenzqualität: niedrig; Stärke der Empfehlung: schwach). Gleiches gilt für eine Reflexzonenmassage oder Akupressur (Evidenzqualität: gering; Stärke der Empfehlung: schwach).

Integrative Medizin ist beliebt

Jedes Jahr nehmen Schätzungen zufolge 40 % der Krebspatient:innen integrative Medizin in Anspruch – sei es, weil die konventionelle medizinische Behandlung ihre Bedürfnisse nicht vollständig erfüllt, weil sie Nebenwirkungen von Pharmakotherapien befürchten oder weil sie einen ganzheitlichen Ansatz bevorzugen. Auch eine entsprechende Empfehlung von Angehörigen oder Gesundheitsdienstleistern kann ein Beweggrund sein, warum sich Betroffene für die integrative Medizin entscheiden.

Verfahrensbedingte oder chirurgische­ Schmerzen

  • Hypnose kann Erkrankten angeboten werden, die unter verfahrensbedingten Schmerzen bei der Krebsbehandlung oder diagnostischen Untersuchungen leiden (Evidenzqualität: mittel; Stärke der Empfehlung: mäßig).
  • Akupunktur oder Akupressur kann Patient:innen angeboten werden, die sich einer Tumor­operation oder anderen krebsbezogenen Verfahren wie einer Knochenmarksbiopsie unterziehen (Evidenzqualität: niedrig; Stärke der Empfehlung: schwach).
  • Musiktherapie kann Personen angeboten werden, die chirurgische Schmerzen nach einer Krebs­operation erfahren (Evidenzqualität: niedrig; Stärke der Empfehlung: schwach).

Schmerzen während der Palliativversorgung

  • Massagen können Betroffenen, die während der Palliativ- und Hospizversorgung Schmerzen entwickeln, angeboten werden (Evidenzqualität: mittel; Stärke der Empfehlung: mäßig).

Quellen:
Mao JJ et al. J Clin Oncol 2022; JCO2201357; DOI: 10.1200/JCO.22.01357