Hormonelle Veränderung Wenn die Östrogene in Rente gehen
Heutzutage entfallen bei Frauen durchschnittlich 30 % ihres Lebens auf die Zeit nach der letzten Regelblutung. Mit Eintritt der Menopause versiegt die ovarielle Estradiolproduktion und das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Sexualhormonen verschiebt sich: Es kommt zu einem Mangel an Östrogenen und einem relativen Übergewicht an Androgenen.
Prominente Beispiele für Folgen der hormonellen Umstellung sind Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel oder das kardiovaskuläre System. Weitaus weniger verbreitet hat sich das Wissen um potenzielle Veränderungen an Haut und Haaren. Welche das sein können, erklären Experten um Dr. Susanna Weidlinger von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Inselspital Bern.
Dermatokosmetik kann manche Prozesse unter Umständen abbremsen
In der Epidermis werden durch den Abfall des Estradiolspiegels weniger Hautoberflächenlipide produziert. Damit einhergehend sinkt die Wasserhaltekapazität des Stratum corneum und es kommt zu einem gesteigerten transepidermalen Wasserverlust. Mögliche Folgen sind Trockenheit und eine reduzierte Hautbarrierefunktion. In der Dermis macht sich die Menopause durch einen drastischen Verlust an Kollagen bemerkbar, der sich nicht allein über das chronologische Alter erklären lässt. Er beträgt etwa 30 % im Verlauf der ersten fünf Jahre nach der Menopause. In den darauffolgenden 15 Jahren gehen jährlich weitere 1–2 % verloren. Darüber hinaus trägt der verstärkte Abbau von Elastin zu schlaffer Haut und verstärkter Faltenbildung bei. Auch eine Akne kann im Rahmen der Menopause neu auftreten.
Aktinische Läsionen sind nicht hormon-, sondern UV-bedingt
Des Weiteren kommt es z.B. bei Patientinnen in sonnenexponierten Arealen zu Pigmentierungsstörungen, wie dem Melasma. Dass sich auch verstärkt aktinische Lentigines bzw. Lentigines solares in den Wechseljahren zeigen, hängt allerdings weniger mit hormonellen Veränderungen, sondern vielmehr mit Lichtschäden zusammen.
Östrogene fördern die anagene Wachstumsphase des Haares. Entsprechend lässt sich bei postmenopausalen Frauen oftmals ein verringerter Anteil der anagenen Haare, vor allem im Bereich der vorderen Kopfhaut, beobachten. Dahingegen fördern Androgene die Umwandlung von Vellus- zu Terminalhaaren, beispielsweise im Gesicht, in den Achselhöhlen, im Schambereich und auf der Brust. Zudem können die männlichen Sexualhormone Haarfollikel in der Kopfhaut hemmen, was vermutlich die Entwicklung der androgenetischen Alopezie erklärt. Im Gegensatz zur männlichen Variante bildet sich die Haarlinie bei der weiblichen Form dieses Haarverlusts in der Regel nicht zurück, sondern bleibt stabil. Es kommt aber zu einer generellen Haarausdünnung mit Schwächung des Haarschafts auf der gesamten Kopfhaut. Folge: Das Haarvolumen nimmt ab.
Die frontal fibrosierende Alopezie (FFA) ist eine mit der Perimenopause assoziierte Erkrankung, eindeutig klären ließ sich die Ätiologie bisher allerdings nicht. Die FFA äußert sich als fortschreitender narbiger Haarausfall, vor allem am frontalen und temporalen Haaransatz. Häufig sind auch die Augenbrauen betroffen.
Hirsutismus kann Hinweis auf Hyperandrogenämie sein
Obwohl bis zu 50 % der postmenopausalen Frauen unter Hirsutismus im Gesichtsbereich leiden, ist der ätiologische Zusammenhang bislang noch nicht abschließend geklärt. Vermutet wird eine Dysbalance zwischen Östrogenen und Androgenen. Eine hormonelle Abklärung kann helfen, eine Hyperandrogenämie als Ursache auszuschließen.
Durch folgende Verhaltensweisen bzw. Veränderungen im Lebensstil können Frauen den Haut- und Haarveränderungen im Rahmen der Menopause entgegenwirken:
- übermäßige UV-Exposition vermeiden
- auf Zigaretten verzichten
- sich gesund und ausgewogen ernähren
- sich regelmäßig bewegen
- ausreichend schlafen
- Stress reduzieren
- schädigende Haarpflegepraktiken (z.B. starker Zug auf die Haare bei Frisuren) vermeiden
Neu auftretende Akne in der Menopause möglich
Darüber hinaus können Dermatokosmetika, die auf eine Verbesserung der Hautgesundheit ausgerichtet sind, einige Prozesse unter Umständen verlangsamen. Außerdem besteht die Möglichkeit, hormonhaltige Substanzen einzusetzen. So stehen beispielsweise verschiedene östrogenhaltige Lokaltherapeutika zur Verfügung. Auch die systemische menopausale Hormontherapie (MHT) stellt eine mögliche Therapieoption dar. Sie ist jedoch nicht zur alleinigen Behandlung von Haut- und Haarsymptomen indiziert. Nach Ansicht von Dr. Weidlinger und ihren Mitautoren sollte jedoch auch der Nutzen einer MHT, der über die bekannteren positiven Wirkungen auf Knochen, Herz-Kreislauf-System usw. hinausgeht, mit den Betroffenen diskutiert werden. Mit diesem Wissen sind die Patientinnen in der Lage, fundiertere Entscheidungen zur Therapiewahl ihrer Wechseljahrsbeschwerden zu treffen.
Quelle: Weidlinger S et al. Gynäkologische Endokrinologie 2023; DOI: 10.1007/s10304-023-00526-1