Palliativversorgung Krebs in jungen Jahren
Viele junge Menschen mit fortgeschrittener Krebserkrankung leiden unter einer besonders hohen Symptombelastung, müssen häufig auf der Intensivstation betreut werden und sterben oft im Krankenhaus. Eine frühzeitige Einbindung in die Palliativversorgung könnte ihr Leid möglicherweise lindern. Darauf deuten die Ergebnisse einer aktuellen Kohortenstudie hin.
Forschende um Prof. Dr. Dr. Sumit Gupta, The Hospital for Sick Children, Toronto, gingen darin der Frage nach, ob eine palliativmedizinische Versorgung die Symptome bei jungen Krebspatient:innen verbessert.
Hierfür griffen sie auf Gesundheitsdatenbanken der kanadischen Provinz Ontario zurück. Die Symptombelastung wurde anhand des Edmonton Symptom Assessment System (ESAS) ermittelt. Dabei handelt es sich um ein validiertes Maß für das Vorhandensein und den Schweregrad von neun krebsbedingten Symptomen. Schmerzen, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Dyspnoe, Depression, Angst und allgemeines Wohlbefinden werden von den Patient:innen selbst auf einer Skala von 0 (keine Beschwerden) bis 10 (schlimmstmögliche Symptome) bewertet.
Die Autor:innen untersuchten den Zusammenhang zwischen den ESAS-Werten und der Inanspruchnahme einer Palliativversorgung. Indexdatum war der Tag der ersten palliativmedizinischen Leistung. Sie ermittelten den Unterschied in den mittleren ESAS-Werten 90 Tage vor und nach dem Indexdatum bei Fallpatient:innen (mit Palliativversorgung) und nach Geschlecht und Krebsart angepassten Kontrollpersonen (ohne Palliativversorgung).
Eingeschlossen wurden 5.435 Krebsbetroffene zwischen 15 und 29 Jahren. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 5,1 Jahre für die allgemeine Palliativversorgung und 5,6 Jahre für die spezialisierte Palliativversorgung. Die Auswertung ergab, dass mäßige bis starke Symptome (ESAS 4–6 bzw. 7–9) im Vergleich zu keinen oder schwachen Beschwerden (ESAS 0–3) mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für die Inanspruchnahme einer spezialisierten Palliativversorgung verbunden waren. Am deutlichsten war dieser Effekt hinsichtlich Schmerzen (adjustierte HR, aHR, 7,7; p < 0,001) und Dyspnoe (aHR 5,4; p < 0,001).
Studienpopulation
Die meisten Teilnehmenden litten unter hämatologischen Tumorerkrankungen (n = 1.748), gefolgt von Hoden- oder Eierstockkrebs (n = 1.159). Insgesamt 721 Patient:innen (13,3 %) starben innerhalb von fünf Jahren nach der Diagnose. Die meisten von ihnen hatten vor ihrem Tod eine spezialisierte bzw. allgemeine Palliativversorgung erhalten (84,9 % bzw. 90,4 %).
Eine spezialisierte Palliativversorgung lohnt sich
Die Analyse von 202 Fallkontroll-Paaren ergab, dass eine spezialisierte Palliativversorgung mit einer Verbesserung der Symptome assoziiert war. Statistisch signifikante Unterschiede gab es jedoch nur hinsichtlich der Schmerzen. So verbesserte sich der mittlere ESAS-Wert bei den Fallpatient:innen von 3,41 vor der Inanspruchnahme der palliativmedizinischen Leistungen auf 3,07 danach. Demgegenüber verschlechterte sich der mittlere ESAS-Wert in der Kontrollgruppe von 1,86 davor auf 2,16 danach (p = 0,003).
„Obwohl die Inanspruchnahme einer Palliativversorgung mit einer anschließenden Abnahme der Schmerzintensität verbunden war, wurde kein Zusammenhang mit anderen Symptomen festgestellt. Neue und wirksamere Interventionen, die auf diese anderen Symptome während der Krebsbehandlung und insbesondere am Lebensende abzielen, sind dringend erforderlich“, so das Fazit der Studienautor:innen.
Quelle:
Gupta S et al. JAMA Netw Open 2023; 6: e2338699; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.38699