Wie effektiv sind Influenzavakzinen auf Pflanzenbasis?
Impfstoffe, darunter auch die gegen die saisonale Grippe, werden häufig aus bebrüteten Hühnereiern gewonnen. Nachteil dieser Produktionsmethode ist die allmähliche Anpassung des viralen Hämagglutinin-Antigens an die Rezeptoren der Hühnerzellen. Dadurch nimmt die Wirksamkeit der späteren Vakzine gegenüber den tatsächlich zirkulierenden Stämmen ab, erklärt Dr. John Tregoning von der Abteilung für Infektionskrankheiten am St. Mary Campus des Imperial College London. Das macht für ihn zwei aktuelle Studien zu einer pflanzenbasierten Grippevakzine so interessant.
Dr. Brian Ward vom Impfstoffhersteller Medicago in Quebec und seine Kollegen brachten in Nicotiana benthamiana, einen Verwandten der Tabakpflanze, einen attenuierten viralen Vektor ein, der Hämagglutiningene des Influenzavirus exprimiert. Die Pflanzen produzierten daraufhin virusähnliche Partikel, von denen vier für eine quadrivalente Vakzine gemäß der saisonalen WHO-Vorgabe verwendet wurden.
Die erste randomisierte Doppelblindstudie schloss in der Saison 2017 bis 2018 mehr als 10 000 gesunde Teilnehmer im Alter von 18–64 Jahren ein, die entweder die neue, pflanzenbasierte Vakzine oder Placebo erhielten. In der zweiten Studie erhielten in der Saison 2018 bis 2019 mehr als 12 000 gesunde ältere Menschen (ab 65 Jahre) ebenfalls entweder das Prüfpräparat oder einen zugelassenen, inaktivierten Vierfachimpfstoff.
In Studie 1 fanden die Forscher eine Wirksamkeit der Prüfvakzine von 35,1 %, d.h. sie konnte etwas mehr als jede dritte Atemwegsinfektion verhindern, die von einem der der Vakzine zugrunde liegenden Stämme ausgelöst wurde. Damit lag sie unter der vorab festgelegten Erfolgsrate von 70 %. Der erreichte Schutzeffekt blieb allerdings während der gesamten Grippesaison über mehr als 18 Wochen erhalten. In Studie 2 betrug bei den Älteren die relative Wirksamkeit des neuen gegenüber dem eingeführten Impfstoff 8,8 % und erwies sich damit als nicht-unterlegen.
In einer Subgruppe von Teilnehmern aus beiden Studien rief das neue Präparat zwar nur eine mäßige Antikörperbildung hervor, bei den älteren Prüflingen etwas stärker als bei den jüngeren. Es stimulierte jedoch deutlich die zelluläre Abwehr durch die T-Zellen, die daraufhin ihre Zytokinproduktion hochfuhren. Schwere Nebenwirkungen traten bei nicht einmal jedem zwanzigsten Patienten auf und hingen in den allermeisten Fällen nicht mit dem Impfstoff zusammen.
Quellen:
1. Tregoning JS. Lancet 2020; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)32010-9
2. Ward BJ et al. A.a.O.; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)32014-6