Therapeutischen Overlap nutzen Wie idiopathische Lungenfibrose und Diabetes einander zum Vorteil gereichen können

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Menschen mit Diabetes mellitus haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine idiopathische Lungenfibrose. Menschen mit Diabetes mellitus haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine idiopathische Lungenfibrose. © master1305 - stock.adobe.com

Menschen mit Diabetes mellitus haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine idiopathische Lungenfibrose. Woran das liegt, ist nicht eindeutig geklärt. Doch können aus der Behandlung der einen Erkrankung durchaus positive Effekte für den Verlauf der anderen erwachsen.

Schätzungen zufolge leiden zwischen 20 % und 50 % der Bevölkerung in einem Alter ab 50 Jahren unter mehr als nur einer chronischen Erkrankung. Betroffen sind vor allem Menschen mit Diabetes mellitus. Sie entwickeln häufig Lungenerkrankungen wie Asthma, COPD, Pneumonien und insbesondere idiopathische Lungenfibrose (IPF). Als Grund dafür gelten gemeinhin u. a. diabetesbedingte vaskuläre Veränderungen wie endotheliale Dysfunktion sowie Remodelling und verminderte Reagibilität der Lungengefäße, erinnern Dr. Ugochukwu Ebubechukwu und Prof. Dr. Patrick Geraghty vom SUNY Downstate Medical Center in New York in einem Editorial der Fachzeitschrift Thorax. Im Weiteren ordnen sie Studienergebnisse ein, die das Zusammenspiel von Diabetes und IPF bzw. deren Behandlung beleuchten.

So konnte in einer Studie entgegen der Erwartung kein kausaler Zusammenhang zwischen Typ-1- oder Typ-2-Diabetes und IPF festgestellt werden. Weder der HbA1c noch das Nüchterninsulin hatten einen Einfluss auf die Lungenerkrankung. Die Studienautoren vermuten, dass das gemeinsame Auftreten von Diabetes und IPF möglicherweise eher auf gemeinsame Risikofaktoren (z. B. Adipositas) zurückzuführen ist. In einer Studie wurde eine Assoziation zwischen dem Body-Mass-Index (BMI) und der Entstehung von IPF festgestellt, der sich für Menschen mit Typ-2-Diabetes jedoch nach einer Analyse mittels multivariater Mendelscher Randomisierung nicht bestätigte. Weitere Studien lieferten in diesem Punkt teils widersprüchliche Erkenntnisse.

Ein weiteres Beispiel für das Adipositas-Paradoxon

Andererseits deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass ein höherer BMI bei IPF sich günstig auf die Lebenserwartung auswirkt. Eine Studie mit 11.826 IPF-Patientinnen und -Patienten bescheinigt übergewichtigen Teilnehmenden eine niedrigere Mortalität und weniger Krankenhausaufenthalte als untergewichtigen. Dieses sogenannte Adipositas-Paradoxon, bei dem Patienten mit einem höheren BMI eine bessere Prognose haben können, wird bei verschiedenen Krankheiten beobachtet. Das Thema ist jedoch umstritten und spiegelt möglicherweise die langfristigen klinischen Ergebnisse nicht optimal wider, kommentieren Dr. Ebubechukwu und Prof. ­Geraghty.

Wenn Diabetes und IPF komorbid auftreten, können sich aus der Behandlung der einen Erkrankung durchaus positive Effekte auch für das andere Leiden ergeben. In einer Studie wurde beispielsweise der klinische Nutzen einer Metforminbehandlung bei Menschen mit IPF und Typ-2-Diabetes untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die Gesamtmortalität sowie die Anzahl der Hospitalisierungen unter Metformin sanken. Eine weitere Arbeit konnte zeigen, dass das IPF-Medikament Nintedanib in Kombination mit Metformin in dieser komorbiden Patientengruppe gut verträglich ist. 

Insulinsensitizer verhindert Fibrose durch Chemotherapie

Pioglitazon, ein oraler Insulinsensitizer zur Behandlung von Typ-2-Diabetes, unterdrückt nachweislich die bleomycininduzierte Lungenfibrose, was möglicherweise auf seine entzündungshemmende Wirkung zurückzuführen ist. Das erhöhte Risiko für unerwünschte Ereignisse wie Gewichtszunahme und kongestive Herzinsuffizienz limitiert jedoch den Einsatz von Pioglitazon.

Auch auf Diabetesfolgeerkrankungen können IPF-Medikamente positiven Einfluss haben. In einer randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudie verbesserte Pirfenidon in Kombination mit modifiziertem Diallyldisulfid die Wundheilung beim diabetischen Fußsyndrom. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Pirfenidon die Abnahme der Nierenfunktion bei diabetischer Nephropathie aufhalten kann. 

Die beiden Kommentatoren regen an, in künftigen Studien nicht nur Kriterien wie HbA1c, Nüchterninsulin und BMI zu berücksichtigen. Wichtig sei es, z. B. auch Umweltfaktoren einzubeziehen und verschiedene Unterformen der IPF zu betrachten. Dies könnte das Verständnis für potenzielle Zusammenhänge zwischen den beiden Erkrankungen weiter verbessern.

Quelle: 1.Ebubechukwu U, Geraghty P. Thorax 2025; 80: 123-124; doi: 10.1136/thorax-2024-222754
2.Moss ST et al. Thorax 2025; 80: 133-139; doi: 10.1136/thorax-2024-221472