Ovarialkarzinom Wie postoperative Langzeitkomplikationen verringert werden können
„Wir müssen uns davon verabschieden, zu glauben, dass chirurgische Maßnahmen keine Langzeitnebenwirkungen verursachen“, betonte Prof. Dr. Jalid Sehouli, Charité – Universitätsmedizin Berlin. Ohne Zweifel wurden die Techniken in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert, hin zu einem nerven(gewebe-)schonenden und kompartmentgetriggerten Operieren. Dennoch blieben Langzeitkomplikationen ein wichtiges Thema, so der Experte. Dies gelte insbesondere für gynäkologische Operationen, speziell des Ovarialkarzinoms. Nach 10 oder 15 Jahren leide noch etwa die Hälfte der Patientinnen an den Folgen des Eingriffs.
Es sei essenziell, Komplikationen prospektiv zu erfassen. „Nachsorge ist Fürsorge“, so Prof. Sehouli. Dass in der klinischen Praxis postoperative Nebenwirkungen nicht systematisch abgefragt werden, sei u.a. ein Strukturproblem, habe aber auch etwas mit der „Kultur in der Medizin“ zu tun. Über Komplikationen werde nicht gerne gesprochen.
Der Aspekt der Lebensqualität von Tumorerkrankten müsse ernster genommen werden. Langzeitkomplikationen beeinflussten das weitere Leben der Betroffenen nachhaltig. Das körperliche, emotionale und seelische Wohlbefinden müsse im soziokulturellen Kontext der Patientin interpretiert und im präoperativen Setting entsprechend diskutiert werden. Menschen seien in der Lage, sich im Sinne der Resilienz an die jeweilige Situation anzupassen. Die Lebensqualitätskurven sinken daher nach einer Operation in der Regel, steigen aber nach etwa einen halben Jahr wieder an. Dies, so Prof. Sehouli, stelle eine „normale physiologische Evolution“ dar.
(K)ein Tabuthema: Sexualität nach der Operation
Die postoperative Sexualität dürfe nicht tabuisiert werden, so Prof. Sehouli. Unabhängig von der Technik beeinflusse jede Ovarialkarzinom-Operation die Sexualität. An der Charité gebe es daher eine Ärztin, die auch Sexualtherapeutin ist und eine wichtige Ansprechpartnerin sei.
Die Lebensqualität verbessern
Ein wichtiges Thema seien Lymphödeme, die oftmals – je nachdem wo sie auftreten – viel zu spät erkannt werden. Sie beeinträchtigten nicht nur Mobilität und Lebensqualität, sondern erhöhten auch das Thromboserisiko, berichtete der Referent. Bereits präoperativ müsse abgeklärt werden, ob ein erhöhtes Lymphödem-Risiko besteht, z.B. aufgrund einer kardiovaskulären Erkrankung oder einer Varikose.
Langzeitkomplikationen könnten auch einem Summationseffekt und nicht alleine der chirurgischen Maßnahme geschuldet sein. Man müsse daher interprofessionelle und interdisziplinäre Netzwerke für eine Best-supportiv-care-Strategie etablieren und frühzeitig eingreifen. Dann bestehe die Chance, dass Langzeitnebenwirkungen und eine chronifizierte Folgeerkrankung gar nicht erst entstehen. An der Charité läuft dazu eine prospektive Interventionsstudie mit zwei Patientinnengruppen, die eine routinemäßige Nachsorge erhalten bzw. im Rahmen einer Sprechstunde für Langzeitüberlebende betreut werden. Ziel ist es, mehr Informationen zu generieren und die Lebensqualität zu verbessern.
Quelle: Sehouli J. DKK 2022; Vortrag: „Langzeitnebenwirkungen nach Operationen“