
Was führt der Knoten im Schilde? Zielgerichtetes Vorgehen bei Zufallsbefunden der Thyreoidea soll Überdiagnostik vermeiden

Mit der hochauflösenden Sonografie werden inzwischen vermehrt Schilddrüsenknoten entdeckt. Bei der Entscheidung, ob eine weitere Diagnostik nötig ist oder nicht, hilft unter anderem die sorgfältige Analyse von Malignitätskriterien.
Wird sonografisch ein Knoten in der Schilddrüse festgestellt, sind die Betroffenen oft verunsichert und wünschen sich dessen operative Entfernung. Doch Schilddrüsenknoten kommen häufig vor, nur selten sind sie bösartig. Zwar soll laut Leitlinien das mittlere Risiko für eine Malignität bis zu 15 % betragen. Das könnte allerdings zu hoch gegriffen sein: In einer retrospektiven Studie entpuppte sich nur jeder 15. unter Malignomverdacht operierte Knoten als bösartig.
Um Überdiagnostik zu vermeiden, empfiehlt ein Team um Dr. Daniel Richter von den Universitätskliniken Erlangen für die Entscheidungsfindung ein standardisiertes Vorgehen auf Grundlage US-amerikanischer und europäischer Leitlinien. Es stützt sich auf die sorgfältige Analyse von Malignitätskriterien im Rahmen des Risikostratifizierungssystems TIRADS*.
Grundsätzlich gehört zu den sonografischen Malignitätskriterien die dreidimensional vermessene Knotengröße, selbst wenn ihre Zunahme nicht verlässlich für Bösartigkeit spricht. Hyperechogenität deutet auf einen gutartigen Knoten hin, eine verminderte Echogenität kann auf ein Karzinom hinweisen. Für die Entscheidung für oder gegen eine zytologische Untersuchung sind neben der Echogenität in jedem Fall weitere sonografische Merkmale wie die Form, die Abgrenzung und die Verkalkung zu erfassen.
Nicht oval bzw. rund geformte, unregelmäßig begrenzte, stark hypoechogene Knoten mit Mikrokalzifikationen beispielsweise sind gemäß EU-TIRADS mit einem hohen Karzinomrisiko verbunden. Solche verdächtigen Knoten sollten aktiv überwacht und/oder per Feinnadelaspiration untersucht werden, wenn sie eine Größe von < 10 mm aufweisen. Sind sie größer als 10 mm, wird prinzipiell zur Gewebsentnahme geraten.
Knoten ohne Anhalt für Malignität können nach dieser Einordnung iso- oder hypoechogen sein und ein niedriges bis intermediäres Risiko aufweisen. Entsprechend wird eine zytologische Untersuchung ab einer Größe von > 20 mm bzw. > 15 mm empfohlen. Echoleere oder komplett spongiforme Knoten gelten hingegen grundsätzlich als benigne. Sie werden nicht punktiert – es sei denn, die Betroffenen empfinden ein lokales Druckgefühl.
Erfolgt eine Feinnadelaspiration, wird das Ergebnis anhand der Bethesda-Kriterien in sechs Stufen (nicht diagnostisch, benigne, atypische Zellen unklarer Signifikanz, follikuläre Neoplasie, V. a. Malignität, maligne) bewertet. So ist lediglich eine Risikostratifizierung möglich. In unklaren Fällen sollte eine Stanzbiopsie oder diagnostische OP erfolgen.
Im Labor sollte schon bei Erstvorstellung einer Patientin oder eines Patienten mit auffälligem TSH auch fT3 und fT4 bestimmt werden. Beim Karzinom-Screening sollte Calcitonin vor einer Punktion oder Operation gemessen werden: Ein medulläres Schilddrüsenkarzinom ist sehr wahrscheinlich, wenn der Calcitoninwert bei Frauen ≥ 30 pg/ml und bei Männern ≥ 60 pg/ml liegt.
Eine weiterführende Bildgebung bietet die klassische 99mTc-Pertechnetatszintigrafie. Mit ihr soll ab einer Knotengröße von 10 mm eine mögliche Autonomie überprüft werden, sofern sich daraus Handlungskonsequenzen ergeben würden. Diese Methode ist gerade im Jodmangelgebiet Deutschland hilfreich, um die recht häufigen hyperfunktionellen heißen Knoten nachzuweisen. Sie kann somit zur Vermeidung von Überdiagnostik beitragen. Heiße Knoten sollten nicht per Feinnadel punktiert werden, kalte Knoten hingegen schon.
Szintigrafie stellt Stoffwechsel und Hormonproduktion dar
Im Rahmen der weiteren Abklärung kalter Knoten mit unklaren zytologischen Befunden nach Feinnadelaspiration hat sich in den letzten Jahren auch die 99mTc-MIBI-Szintigrafie als nützlich erwiesen. Die MIBI-Speicherung stellt – im Gegensatz zum 99mTc-Pertechnetat mit Nachweis der Hormonproduktion – den Energiestoffwechsel der Knoten dar. Durch die Beurteilung in verschiedenen Phasen der MIBI-Anreicherung lässt sich ein Wash-out-Index bestimmen. Mit dessen Hilfe wiederum kann man die Rate falsch-positiver Befunde reduzieren. Darüber hinaus ermöglicht die Zusammenschau der Ergebnisse der 99mTc-MIBI- und der 99mTc-Pertechnetat-Aufnahmen zusätzlich zu den genannten sonografischen Malignitätskriterien bei der Beurteilung von (verdächtigen) Schilddrüsenknoten eine genauere Diagnose.
*Thyroid Imaging Reporting and Data System
Quelle: Richter D et al. HNO 2024; 72: 908-918;
doi: 10.1007/s00106-024-01502-2