Boulderpsychotherapie Zum Wände hochgehen

Autor: Friederike Klein

Durch Interaktion mit anderen Teilnehmern und spielerischen Aufgabenstellungen lernen Patient:innen, ihre eigenen Grenzen zu erweitern, mehr Selbstwert zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. (Agenturfoto) Durch Interaktion mit anderen Teilnehmern und spielerischen Aufgabenstellungen lernen Patient:innen, ihre eigenen Grenzen zu erweitern, mehr Selbstwert zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. (Agenturfoto) © Syda Productions – stock.adobe.com

Sportlich aktiv zu sein, tut depressiven Patienten gut, die positiven Effekte der psychotherapeutischen Behandlung werden gestützt. In der Boulderpsychotherapie macht man sich beide Ansätze gleichzeitig zunutze.

Die Boulderpsychotherapie (BPT) entspricht einer Verhaltenstherapie in der Kletterhalle, erklärte PD Dr. Katharina Luttenberger von der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Universitätsklinik Erlangen. Die Patienten müssen sich beim Klettern konzentrieren, damit sie nicht herunterfallen, die Grübelschleife wird durchbrochen. Durch Interaktion mit anderen Teilnehmern und spielerischen Aufgabenstellungen lernen sie, ihre eigenen Grenzen zu erweitern, mehr Selbstwert zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. Das Klettern ohne Kletterseil und Gurt fördert Achtsamkeit und Fokussierung, es aktiviert emotional und körperlich. Zudem wirken das Erleben von Gemeinschaft und die therapeutische Beziehung unterstützend. Nach Erfahrung von Dr. Luttenberger schätzen die Betroffenen besonders, dass sie sich bei der BPT in „gesunder“ Umgebung und nicht in einer typischen Behandlungssituation befinden. 

Nachdem eine Pilotstudie positive Ergebnisse ergeben hatte, untersuchten Dr. Luttenberger und weitere Kollegen die BPT randomisiert-kontrolliert. Die Studie „Klettern und Stimmung“ (KuS) wurde in Berlin, Weyarn und Erlangen/Fürth durchgeführt. Ambulant behandelte depressive Patienten nahmen angeleitet durch je zwei Psychotherapeuten mit Bouldererfahrung an einem zehnwöchigen Programm teil, das zwei Stunden Bouldern pro Woche vorsah. In einer Kontrollgruppe erfolgte eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT), eine andere führte zu Hause ein körperliches Trainingsprogramm durch. Primärer Endpunkt war die fremdbeurteilte Depressivität gemäß der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS)

Wie Dr. Luttenberger berichtete, nahmen die Depressionswerte in der BPT-Gruppe signifikant stärker ab als in der Trainingsgruppe. Auch im Hinblick auf Angst, Körperbild und Selbstwert insgesamt war die BPT überlegen. Sie erwies sich zudem als nachhaltig und mindestens ebenso gut wie die KVT, betonte Dr. Luttenberger. 

Quelle:  DGPPN (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.) Kongress 2022