AOK: Hausärzteverband hat vom Rauswurf bedrohte Ärzte schlecht informiert
Insgesamt sind rund 4700 Ärzte mit knapp 520 000 AOK-Versicherten im Hausarztvertrag zwischen Bayerischem Hausärzteverband (BHÄV) und AOK eingeschrieben. Der Berufsverband hat laut Vertrag die Aufgabe, die Teilnahmevoraussetzungen der Ärzte zu überprüfen. Danach meldet er das Ergebnis elektronisch als Datensatz an die AOK und muss die Ärzte davon unterrichten.
Der Kasse wurden im Januar 2013 rund 500 Arztpraxen gemeldet, die die Voraussetzungen für die Teilnahme am HzV-Vertrag nicht erfüllten. Damit müssen sie zum Ende des ersten Quartals aus dem Vertrag ausscheiden und können nicht mehr an den Honorarvorteilen partizipieren.
AOK: BHÄV hat Ärzte nicht richtig informiert
Offensichtlich, so die AOK, habe der BHÄV diese Ärzte nicht über die Konsequenzen informiert. Denn diese hätten sich bei der Kasse gemeldet, nachdem sie von ihren Patienten die schlechte Nachricht gehört hatten, dass sie aus dem HzV-Vertrag ausscheiden müssen.
Bayerns AOK-Chef Dr. Helmut Platzer mahnte daraufhin beim BHÄV „eine professionelle und exakte Umsetzung des Vertrages“ an. Dazu zähle auch die umfassende Information der Ärzte über die Rechte und Pflichten, die im Vertrag vereinbart seien.
BHÄV: Jeder Arzt wusste über seine Pflichten Bescheid
Als „Unsinn“ bezeichnet der Pressesprecher des BHÄV, Thorsten Fricke, die Vorwürfe der AOK. Die Ärzte seien mehrfach informiert worden, dass sie ihre Fortbildungspflichten erfüllen müssten. „Jeder Arzt wusste Bescheid.“ Trotzdem war bei vielen die Überraschung groß.
Die betroffenen Ärzte können nach der Kündigung weiterhin ihre allgemeine hausärztliche Versorgung fortsetzen und über die KV abrechnen. Sie können aber auch die festgestellten Mängel beheben und ihre Teilnahme beim Hausärzteverband erneut anmelden, sobald die Voraussetzungen erfüllt sind.
Fortbildungslücken unter den Kollegen hatte bereits der frühere BHÄV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Hoppenthaller im Jahr 2010 festgestellt: Demnach waren die Qualifikationen in der Psychosomatik von 72,5 % (2. Quartal 2009) auf 80,3 % im 2. Quartal 2010 gestiegen. Nach den Erkenntnissen der AOK dürfte der Anteil der Nichtfortgebildeten derzeit bei rund 15 % der Hausärzte liegen.
Ob die Situation bei den Betriebskrankenkassen oder Ersatzkassen, die ebenfalls mit dem BHÄV HzV-Verträge haben, ähnlich aussieht, ist unklar. Die Kassen konnten auf MT-Nachfrage dazu keine Angaben machen.
Auch Baden-Württemberg musste Qualitätssicherung installieren
Selbst im HzV-Musterland Baden-Württemberg gab es in der Vergangenheit solche Qualitätsverweigerer. Der baden-württembergische Hausärzteverband hat deswegen einen Maßnahmenkatalog verfasst. Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung seien notwendig geworden, erklärt der Verband, weil einige Hundert HzV-Ärzte bis heute noch nicht alle Teilnahmevoraussetzungen erfüllt haben, wie z.B. den Nachweis der Reha- oder Psychosomatik-Qualifikation oder die regelmäßige Teilnahme an den Pharmakotherapie-Qualitätszirkeln. „Diese Hausärzte kassieren z.T. seit 2009 das hohe HzV-Honorar, kommen aber ihren Vertragsverpflichtungen trotz mehrfacher Mahnungen nicht nach. Die Vertragspartner, insbesondere die AOK Baden-Württemberg, waren sehr geduldig. Aber nun war ein Eingreifen unvermeidlich.“
HzV-Ärzte, die ihren Verpflichtungen nachkommen – und das sind in Baden-Württemberg über 3000 –, haben nichts zu befürchten. Die Maßnahmen kommen auch für niemanden überraschend, erklärt der Verband.
Nachholtermine wurden oft auch nicht wahrgenommen
Die betroffenen Hausärzte wurden in der Regel mehrfach an ihr Versäumnis erinnert und aufgefordert, Abhilfe zu schaffen. Dazu wurden von der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft (HÄVG) verschiedene Qualifikationskurse oder Nachholtermine angeboten, die dennoch häufig nicht wahrgenommen wurden. Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der HzV seien zum Schutz und im Interesse der über 3000 Kollegen notwendig, die allen Anforderungen nachkommen, betonte der baden-württembergische Hausärzteverband.