Arzneimittelreport: AMNOG-Sparziel verfolgen, Nutzenbewertung ausweiten
In den ersten 20 Monaten der frühen Nutzenbewertung nach AMNOG wurden 25 Verfahren vom Gemeinsamen Bundessauschuss (G-BA) fristgerecht abgeschlossen. Von den 23 Arzneimitteln des Jahres 2011 hatten 14 einen Zusatznutzen in mindestens einer Teilindikation. Acht Arzneimitteln wurde kein Zusatznutzen attestiert.
In diesem Jahr wurden bislang nur elf neue Arzneimittel zur Bewertung eingereicht. Abgeschlossen sind bislang vier Preisverhandlungen zwischen Herstellern und GKV-Spitzenverband.
IQWiG für Mehrarbeit personell aufrüsten
Das angestrebte Einsparpotenzial des AMNOG von 2 Mrd. Euro könne nur realisiert werden, wenn nun auch Nutzenbewertungen für den patentgeschützten Bestandsmarkt erfolgen, betont AVR-Herausgeber Prof. em. Dr. Ulrich Schwabe vom Pharmakologischen Institut der Uni Heidelberg. Der G-BA hat mit den Gliptinen für die Behandlung des nicht insulinpflichtigen Typ-2-Diabetes eine erste Arzneigruppe zur Nutzenbewertung aufgerufen, die Hersteller müssen ihre Dossiers bis Ende 2012 vorlegen, damit 2013 die Bewertung beginnen kann.
Auch Uwe Deh, geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbandes, ruft: „Rein in den Bestandsmarkt!“ Der erste Akt des AMNOG mit der Nutzenbewertung neu zugelassener Arzneimittel sei gelungen. Doch sei damit erst ein Umsatzvolumen von 134 Mio. Euro angepackt worden – weniger als 1 % des patentgeschützten Marktes. Jetzt habe der zweite Akt zu folgen.
Der Umsatzanteil patentgeschützter Wirkstoffe am Gesamtmarkt der Fertigarzneimittel (= 48 %, Verordnungsanteil: 11,5 %) hat sich laut AVR seit 1995 mehr als vervierfacht und betrug 2011 rund 14,1 Mrd. Euro. Prof. Schwabe meint, dass das IQWiG mehr Personal braucht, um den „gewaltigen Brocken des Bestandsmarktes zusätzlich zu bewältigen“. Und zwar zügig, da die gesetzlichen Zusatzrabatte und der Preisstopp Ende 2013 auslaufen.
Ökonomen kritisieren AVR-Methodik
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Das IQWiG verfüge über 132 Stellen und einen Haushalt von 17,5 Mio. Euro, das vergleichbare britische Nice dagegen über 552 Stellen und Mittel in Höhe von 98 Mio. Euro. Prof. Schwabe trug bei der Präsentation des neuen AVR vor, dass die mit dem AMNOG verknüpfte Einsparhoffung von 2 Mrd. Euro sich schon beinahe mit den zehn umsatzstärksten patentgeschützten Arzneimittel und den zehn führenden Analogpräparaten erfüllen lasse. Bei den Ersten, wenn deren deutscher Preis auf das niederländische Niveau sinken würde (430 Mio. Euro). Bei den Zweiten, wenn sie in bestehende Festbetragsgruppen eingeordnet werden (1,3 Mrd. Euro).
Rabattverträge saugen die Generika-Zitrone aus
Die Methoden-Kritik der Ökonomen Cassel/Ulrich und des BPI an den jährlichen Einsparpotenzialberechnungen versuchte Dr. Dieter Paffrath, AVR-Herausgeber und Vorstandsvize der AOK Nordwest, als „Nebelkerzen“ abzutun. Die Preisvergleiche mit Ländern wie Schweden oder Großbritannien seien „exemplarisch“. In diesem Jahr verkündeten die AVR-Herausgeber ein Einsparpotenzial von 7,8 Mrd. Euro – „etwa 30 % der gesamten Arzneimittelausgaben“ –, wenn hierzulande niederländische Preise gelten würden.
Lobend erwähnte Dr. Paffrath, dass es durch die Rabattverträge der Kassen (mit vermiedenen Ausgaben von 1,6 Mrd. Euro) gelang, das nominale Einsparpotenzial von 1,4 Mrd. Euro in dem Fall, dass bei jeder Generikaverordnung das günstigste Produkt gewählt werden würde, mehr als auszuschöpfen. Aufgrund der Einsicht, dass der AVR durch die Betrachtung von Bruttoumsätzen mit Apothekenverkaufspreisen zu hohe Einsparpotenziale ausweist, wurden jetzt erstmals auch die Nettokosten für Fertigarzneimittel betrachtet (also unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abschläge bei Herstellern und Apothekern). Die höchsten Nettokosten pro GKV-Versicherten weist der AVR für Mecklenburg-Vorpommern aus (483), die niedrigsten für Bremen (308 Euro) und den Bundesdurchschnitt mit 378 Euro.