Bis zu 10.000 Euro Zusatzhonorar: Hilfe für multimorbide Patienten
Die neuen Versorgungsstärkungsverträge lösen seit dem 1. Januar 2018 den Hausärzte-Strukturvertrag der KV mit der AOK Rheinland/Hamburg sowie den Betreuungsstrukturvertrag mit der KKH ab. Die DAK-Gesundheit ist jetzt auch mit dabei. Der Betreuungsvertrag mit der Techniker Krankenkasse wurde ebenfalls umgestellt.
Die Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung des Hausärzteverbands Nordrhein gelten davon unberührt weiter, betont dieser.
Die Betreuungsverträge standen als sog. Kodierverträge bundesweit in der Kritik. In Nordrhein habe es aber kein Up-Coding gegeben, sagt KV-Chef Frank Bergmann. Die AOK Rheinland/Hamburg geriet allerdings durch ihren Vertrag sogar in den Bereich staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.
Nach Auffassung von KV-Vorstand und Hausarzt Dr. Carsten König wird mit den neuen Verträgen die Grundversorgung – vor allem von multimorbiden Patienten – deutlich verbessert. Dafür sorgten der modulare Aufbau und die Beteiligung von Psychotherapeuten und Fachärzten. Er erfolge auch ein Bürokratieabbau, da es nur noch drei Verträge geben werde, die sich lediglich geringfügig voneinander unterscheiden würden. Zudem seien in „zähen Verhandlungen“ über 30 Mio. Euro zusätzliche Vergütung vereinbart worden. Das könne für eine Praxis 2000 bis 2500 Euro mehr Honorar im Quartal bedeuten.
Bessere Vergütung für den Medikationsplan
Das ist den extrabudgetären Pauschalen für die Behandlung multimorbider, besonders betreuungsintensiver Patienten geschuldet. Infrage kommende Diagnosen sind im Vertrag aufgelistet. Als Beispiel nannte Dr. König die neu aufgenommene Vergütung für den Medikationsplan. Statt wie bisher vier Euro gebe es in Nordrhein jetzt sieben Euro plus zehn Euro fürs Patientengespräch. Für Hausbesuche gibt es bis zu 17,50 Euro pro Besuch, für einen Dringlichkeitsbesuch 40 Euro.
Wenn die bundesweite Telematik-Infrastruktur installiert sei, werden die Verträge um ein Modul „Telemedizin“ ergänzt, kündigte Dr. König an. Zudem gebe es Erfolg versprechende Verhandlungen über den Beitritt weiterer Krankenkassen.
Trotz der höheren Vergütung herrscht Unmut unter Hausärzten wegen des Umstellungsaufwandes. Denn nicht nur die Praxen, sondern alle infrage kommenden Patienten müssen neu in die Verträge eingeschrieben werden. „Jeder Kollege muss jetzt die Patienten selektieren und fragen, ob sie beitreten wollen. Das können leicht 200 Patienten in einer Hausarztpraxis sein“, klagt Dr. Oliver Funken, Hausarzt in Rheinbach und Vorstandvize des Hausärzteverbandes Nordrhein.
Dr. Funken befürchtet, dass im ersten Quartal etliche Kollegen kein oder deutlich weniger Honorar aus den Verträgen erzielen werden, weil sie die Neueinschreibung der Patienten nicht schaffen. Zumal die Verträge noch nicht in die Praxisverwaltungssysteme eingepflegt seien.
KV-Vorstand Dr. König bedauert diesen Aufwand, doch „die Einschreibung jedes einzelnen Patienten ist eine Vorgabe des Bundesversicherungsamtes“. Ein Missverständnis sei es dagegen, dass jeder multimorbide Heimpatient mittels eines speziellen Formulars neu eingeschätzt werden müsse. „Das ist nur für neue Patienten bestimmt“, so Dr. König.
Ärzte kritisieren Aufwand, machen aber dennoch mit
Trotz der Kritik sei das Interesse an den neuen Verträgen groß, meldet die KV. Innerhalb weniger Wochen hätten sich schon mehr als 1000 Mitglieder für die Teilnahme entschieden.