Organspende „Die positive Entwicklung der vergangenen Jahre setzt sich fort“
Vor etwa zehn Jahren gab es Manipulationen an Patientendaten. Was hat sich seitdem getan, um das System der Organspende noch sicherer zu machen?
Man kann guten Wissens davon ausgehen, dass der Organspendeprozess sicher ist. In der Aufarbeitung der Organtransplantationsskandale, vor allem des sogenannten Göttinger Transplantationsskandals von 2011/2012, hat der Gesetzgeber im Transplantationsgesetz (TPG) die Grundlagen für eine effiziente Kontrolle der unmittelbar beteiligten Transplantationszentren und der Vermittlungsstelle Eurotransplant, die die Verteilung der gespendeten Organe verantwortet, geschaffen. Seit 2012 ermöglichen die Rechtsgrundlagen verdachtsunabhängige, flächendeckende Überprüfungen der Krankenhäuser, in denen die Transplantationen erfolgen (Transplantationszentren); die abschließenden Prüfungsberichte sind unter baek.de öffentlich einsehbar. Zudem sind Fälle der Datenmanipulationen im Rahmen der Wartelistenführung mittlerweile strafbar. Sämtlichen an dem Organspendeprozess beteiligten Institutionen ist es seitdem gelungen, ein System zu etablieren, das dabei hilft, Manipulationen der Wartelistenführung zu verhindern. Neben der Prüfungskommission sind vor allem zu nennen:
- die Überwachungskommission, deren Aufgabe die Überprüfung der Koordination der Organspende durch die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) und der Entnahmekrankenhäuser ist,
- die Vertrauensstelle Transplantationsmedizin, die auf vertraulicher Basis (auch anonyme) Hinweise zu Auffälligkeiten und Verstößen gegen das Transplantationsrecht entgegennimmt und auf deren Klärung in Kooperation mit der Prüfungskommission und der Überwachungskommission hinwirkt.
Was ist die Prüfungskommission und was ist ihre Aufgabe?
Die Prüfungskommission kümmert sich im Auftrag der sogenannten TPG-Auftraggeber (dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen [GKV], der Deutschen Krankenhausgesellschaft [DKG] und der Bundesärztekammer [BÄK]) – verdachtsabhängig wie auch verdachtsunabhängig – um die Einhaltung der Regelungen zur Organvermittlung und -verteilung. Sie überprüft damit nicht nur, dass die Vermittlungsentscheidung durch Eurotransplant den Vorgaben des Gesetzes und den organspezifischen Richtlinien entspricht, sondern vor allem, ob die Führung der Wartelisten durch die einzelnen Transplantationszentren gesetzes und richtlinienkonform erfolgt. Nach dem TPG sind Eurotransplant sowie die einzelnen Transplantationszentren zur Zusammenarbeit mit der Prüfungskommission verpflichtet.
Wer gehört der Prüfungskommission an?
Die Prüfungskommission setzt sich aus drei Vertreterinnen oder Vertretern der Träger DKG, GKV und BÄK und zwei Vertreterinnen oder Vertretern der Gesundheitsministerkonferenz der Länder zusammen. Zu ihnen gehören zudem als beratende Mitglieder je eine Vertreterin bzw. ein Vertreter von Eurotransplant, der DSO und des Verbands der Privaten Krankenversicherung, die Leitungskraft der Vertrauensstelle sowie diverse Organsachverständige und Sonderprüfende. Die Geschäfte der Prüfungskommission führt die Geschäftsstelle Transplantationsmedizin bei der BÄK.
Zur Person
Thomas Schwarz ist Oberstaatsanwalt und Vorsitzender der Prüfungskommission. Diese Kommission ist eines der beiden Kontrollgremien von Bundesärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV- Spitzenverband), die für die Prüfung der Transplantationszentren zuständig sind.
Wie wird überprüft, ob die Stiftung Eurotransplant Organe nach Vorgabe der Richtlinien für die Organvermittlung sowie des Transplantationsgesetzes verteilt?
Die Transplantationszentren sind verpflichtet, Wartelisten für die Organvermittlung nach den Vorgaben des TPG und den Richtlinien für die Wartelistenführung und Organvermittlung zu führen. Auf Basis dieser Wartelisten führt Eurotransplant die Verteilung der Organe durch. Daher werden die Transplantationszentren von der Prüfungskommission sowohl verdachtsabhängig sowie verdachtsunabhängig im Dreijahresrhythmus kontrolliert. Die Arbeit der Stiftung Eurotransplant sowie deren Vermittlungsentscheidungen werden ebenfalls im Einzelfall verdachtsabhängig sowie einmal jährlich verdachtsunabhängig durch organspezifische Sachverständigengruppen im Rahmen einer Visitation vor Ort überprüft.
Weitere Informationen und Adressen
Zur Arbeit der Prüfungskommission und zur Sicherheit der Organspende:
- Gesetzliche Grundlagen
- Pressemitteilung Jahresbericht von Überwachungskommission und Prüfungskommission gem. § 11 und § 12 Transplantationsgesetz
Vertrauensstelle Transplantationsmedizin
Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin
Fon: +49 30 400 456-671
Fax: +49 30 400 456-675
E-Mail: vertrauensstelle_transplantationsmedizin@baek.de
Geschäftsstelle Transplantationsmedizin
Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin
Fon: +49 30 400 456-660,
Fax: +49 30 400 456-668
E-Mail: transplantationsmedizin@baek.de
Aus welchen Personen setzt sich eine Prüfgruppe zusammen?
Die Prüfung in den Zentren erfolgt durch eine Prüfgruppe, die aus mindestens zwei medizinischen und einem juristischen Sachverständigen besteht. Außerdem nimmt mindestens ein Mitglied der Geschäftsstelle Transplantationsmedizin an der Prüfung teil. Ferner können weitere Mitglieder der Prüfungskommission und auch Vertreterinnen und Vertreter des jeweiligen zuständigen Landesministeriums teilnehmen. Die Prüfung wird von einem Kommissionsmitglied geleitet.
Wie sieht eine typische Prüfung eines Transplantationszentrums aus?
Die Prüftermine werden den Transplantationszentren zuvor ohne Bekanntgabe der ausgewählten Prüffälle angekündigt. Zu Beginn werden dem Zentrum die zu überprüfenden Vorgänge benannt. Die Zentren erläutern dann die jeweiligen Einzelfälle und präsentieren die maßgeblichen Unterlagen, wie zum Beispiel Arztbriefe, verschiedene Befunde oder Behandlungskurven, aber auch bildgebende Verfahren (Röntgenaufnahmen, CT usw.). Anhand der Behandlungsdokumentation überprüfen die medizinischen Sachverständigen die Richtigkeit der von den Zentren gemachten Angaben gegenüber Eurotransplant für die Wartelistenführung und die Einhaltung des TPG sowie der organspezifischen Richtlinien zur Organvermittlung und -verteilung. In Fällen, in denen ein Organ aus medizinischen Gründen nicht im Standardverfahren vermittelt werden konnte und ein beschleunigtes Vermittlungsverfahren durchgeführt wurde, ist die Nachvollziehbarkeit der ausgewählten organempfangenden Person zu überprüfen.
Wie ist das Vorgehen, wenn bei der Prüfung Anhaltspunkte für Auffälligkeiten ermittelt werden?
Zweifelsfälle werden – soweit möglich – vor Ort mit den Vertreterinnen und Vertretern des Zentrums geklärt. Sofern notwendig, werden weitere Unterlagen von den Krankenhäusern nachgefordert. Bestehen Anhaltspunkte für spezifische Unregelmäßigkeiten, kann die Prüfungsgruppe die Prüfung auch ausweiten. Nach Abschluss der Prüfungen wird das Ergebnis in einem internen Prüfbericht dokumentiert, der später in einen sogenannten Kommissionsbericht einfließt. Diese Kommissionsberichte werden nach Verabschiedung in den Sitzungen der Prüfungskommission zunächst den Zentren zur etwaigen Stellungnahme zugeleitet und – wie auch die Jahresberichte der Prüfungskommission – später auf der Website der Bundesärztekammer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
An wen kann ich mich als einzelne Person oder als Institution wenden, wenn ich Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Umsetzung von Vermittlungsentscheidungen melden möchte?
Die unabhängig arbeitende Vertrauensstelle „Transplantationsmedizin“ nimmt auf vertraulicher Basis (auch anonyme) Hinweise zu Auffälligkeiten und Verstößen gegen das Transplantationsrecht entgegen und wirkt auf deren Klärung in Kooperation mit der Prüfungskommission und der Überwachungskommission hin. Hinweise können ebenso an die Prüfungs- bzw. Überwachungskommission über die Geschäftsstelle Transplantationsmedizin bei der Bundesärztekammer gerichtet werden (Adressen links).
Gibt es aktuell noch Auffälligkeiten bei den Überprüfungen?
Wenn überhaupt, dann treten organisatorische Mängel in der Umsetzung der Richtlinien auf. In der Prüfperiode der Transplantationen der Jahre 2016 bis 2018 wurden bei keiner der Prüfungen Anhaltspunkte für systematische Richtlinienverstöße oder gar bewusste Manipulationen festgestellt. Die festgestellten Mängel betrafen vielmehr individuelle Fehlbehandlungen oder organisatorische Unzulänglichkeiten. Damit setzt sich die positive Entwicklung der vergangenen Jahre fort. Sie ist eine direkte Folge der konsequenten Verbesserung der Transplantationszentren im Nachgang der Prüfung, etwa durch Überarbeitung der Verfahrensprozeduren und der Verbesserung der Dokumentationen. Die Prüfungskommission steht im ständigen Austausch mit den Transplantationszentren, um Problemfelder rechtzeitig zu identifizieren und Zweifelsfragen kooperativ klären zu können. Auch die Zusammenarbeit mit Eurotransplant ist vertrauensvoll. Die jährlichen Prüfungen dort offenbarten keine gravierenden Mängel. Einzelne, nie vermeidbare individuelle Fehlbehandlungen werden offen kommuniziert und eine zeitnahe Abhilfe im Prozessablauf wird gewährleistet.
Quelle: BzgA