Für welche Freizeitsportler ist Doping interessant?
Prof. Brand: Es gibt hier unterschiedliche Sportarten und unterschiedliche Motive zum Dopen. Ein grundlegender Unterschied ist, ob Muskulatur aufgebaut werden soll, damit man beispielsweise mehr Gewicht stemmen kann, oder ob es um Ausdauer geht. Ein Marathonläufer darf eben nicht so aussehen wie ein Bodybuilder, weil er sonst keinen Marathon laufen kann. Zum Bodyforming werden vor allem Anabolika genutzt. Beim Langstreckenlauf geht es vor allem um die Verbesserung der Sauerstoffaufnahmekapazitäten in der Muskulatur und um eine schnellere Regeneration nach dem Wettkampf oder nach Trainingsbelastung. Ziel ist, sich früher wieder mit hoher Intensität belasten zu können.
Wenn leistungsfördernde Mittel so leicht zu bekommen sind, könnte man vermuten, dass auch Vereinstrainer darauf zurückgreifen und versuchen, etwa den Nachwuchs sportlich „zu fördern“.
Prof. Brand: Darauf gibt es keine Hinweise. Im Gegenteil, es scheint eher so zu sein, dass die Anti-Doping-Bemühungen im Profisport auch hier gehört werden. Mir ist keine Untersuchung bekannt, die im Bereich des organisierten Breitensports auffällige Zahlen liefert. Wesentlich plausibler ist es, anzunehmen, dass das Phänomen des Konsums von verbotenen Substanzen und leistungssteigernder Mittel im Breiten- und Fitnesssport eine selbst organisierte Sache ist, bei der Freunde und Bekannte mitmachen. Das ist eine hochgradig privatisierte Angelegenheit, nach allem, was wir bisher wissen.
Warum greifen die Menschen zu verbotenen Substanzen?
Prof. Brand: Es gibt in der Forschung die Gateway- oder Einstiegsdrogen-Hypothese. Dabei nimmt man an, dass der Schritt zur Nutzung verbotener Substanzen geringer ist, wenn man sich zuvor an den Konsum noch legaler Substanzen gewöhnt hat. Das Verflixte am Anabolika-doping ist ja, dass es funktioniert – in dem Sinne, dass das Muskelwachstum stark angeregt wird. Mit Eiweißpräparaten und Nahrungsergänzungsmitteln lassen sich zwar auch Fitnessfortschritte erreichen, allerdings in sehr viel geringerem Ausmaß. Wenn also jemand die Erfahrung gemacht hat, dass zum Beispiel Protein-Shakes gut funktionieren, aber leider eben nicht so schnell, dann ist der Schritt ins illegale und gefährdende Verhalten nur noch klein. Die Gatewayhypothese ist eine plausible Annahme, allerdings haben wir eben dieses Dunkelfeld, wo es sehr schwierig ist, exakte Daten zu bekommen.
Von welchen illegalen Produkten sprechen wir denn?
Prof. Brand: Was Dopingpräparate sind, ist durch die Nationale Doping Agentur NADA definiert und veröffentlicht. Anabolika zählen im Breiten- und Fitnesssport sicherlich zu den gebräuchlichsten Dopingmitteln. Aber wir wissen nicht genau, was sich die Leute sonst noch alles einwerfen.