Kommentar Ein Herz für Männer
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Noch immer kriegen Männer ’nen Herzinfarkt – und zwar gar nicht wenige. Im Jahr 2022 waren es laut aktuellem Deutschem Herzbericht 841 pro 100.000 Männer, die wegen einer ischämischen KHK ins Krankenhaus mussten. Unter den Frauen lag diese Quote bei 313/100.000. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie nutzte deshalb den Weltmännertag am 3. November, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Nur haben das vermutlich die wenigsten mitbekommen. Genauso wie den Weltmännertag an sich.
Wie in den vergangenen Jahren zog der Aktionstag am letzten Wochenende eher unbemerkt an einem vorbei. Ins Leben gerufen wurde er im Jahr 2000 extra, um das Gesundheitsbewusstsein unter Männern zu schärfen und zu erweitern. Einer der Schwerpunkte ist die Prävention. Allerdings geht nur etwa jeder Vierte zur Krebsvorsorge oder nutzt Herz-Kreislauf-Check-ups. Männer betreiben Reparaturmedizin, Frauen Vorsorgemedizin, liest man in diesem Kontext oft. Dagegen hilft auch das neue „Gesundes-Herz-Gesetz“ mit noch mehr Check-ups nichts, wenn eine wichtige Zielgruppe unerreicht bleibt.
In Deutschland leben Männer im Schnitt ca. fünf Jahre kürzer als Frauen. Einen der Gründe kannte bereits Grönemeyer: „Männer sind schon als Baby blau.“ Ob Alkohol, Rauchen oder fettiges Essen – nach wie vor neigen die Herren häufiger zu einem ungesunden Lebensstil. Subjektiv fühlen sie sich natürlich topfit. Gemäß der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ des Robert Koch-Instituts 2019/20 bescheinigen sich mehr Männer als Frauen einen guten bis sehr guten Gesundheitszustand.
Ja, man(n) müsste mehr Verantwortung für sein eigenes Wohlbefinden übernehmen. Doch da die öffentliche Aufklärung unter dem Radar läuft und Männer scheinbar immer Männer bleiben, liegt es wohl an jeder einzelnen Hausärztin und jedem einzelnen Hausarzt, ihre Patienten mehr in die Pflicht zu nehmen. Letztlich ist es wie vor 40 Jahren: „Männer weinen heimlich, Männer brauchen viel Zärtlichkeit.“ Nur dass man Zärtlichkeit durch ärztliche Fürsorge ersetzen kann.
Dr. Sascha Gehrken
Redakteur Medizin