Einrichtung eines Härtefallfonds bei Behandlungsfehlern gefordert
Ungeteilte Zustimmung gibt es zwar für das Koalitions-Bestreben, die bislang in verschiedenen Gesetzesmaterien und im Richterrecht verstreuten Patientenrechte zusammenzufassen und überwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), aber auch im Sozialgesetzbuch V (gesetzliche Krankenversicherung) zu regeln. Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, spricht von einem „gelungenen Wurf“, der ausgesprochen positiv gesehen wird.
Recht auf vollständige Einsicht in Akten
Die Kritik ist aber dennoch heftig. Vielen geht der Gesetzentwurf für das Patientenrechtegesetz (Bundestagsdrucksache 17/10488) nicht weit genug. „Gravierende Nachbesserungen“ fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband, denn viele wichtige Themen zum Patientenschutz hätten „keinen Niederschlag gefunden“.
„Substanziell nichts verändert“, sieht auch die Antikorruptionsorganisation „Transparency International Deutschland“. Für den AOK-Bundesverbandes beschreibt der Gesetzentwurf „im Wesentlichen lediglich den Status Quo“. Zur Herstellung der prozessualen Chancengleichheit sollte zumindest eine „abgeschwächte“ Beweislastumkehr bei Behandlungsfehlern normiert werden. AOK-Chef Jürgen Graalmann sieht Patienten immer noch „alleinig in der Bringschuld“.
Ulrike Elsner, vdek-Vorstandsvorsitzende, will im Falle eines Verdachts auf Behandlungsfehler das Recht auf vollständige Einsicht in die Patientenakte gesetzlich festgeschrieben sehen.
Mehr Rechte für Patienten bei einem Behandlungsfehler
Die Opposition im Deutschen Bundestag versucht nun, weitere Regelungen zum Patientenschutz im Gesetz unterzubringen. Ihre Anträge gehen dabei vielfach in eine ähnliche Richtung, und zwar in die, dem Patienten mehr Rechte nach einem Behandlungsfehler einzuräumen.
So ist eine ganz praktische Forderung der SPD-Fraktion, dass im Krankenhaus dem Patienten nach einem Eingriff ein Patientenbrief mit allgemein verständlichen Informationen über die angewandte Op.-Technik, über Implantate, aber auch über aufgetretene Komplikationen ausgehändigt wird. „Es muss Transparenz darüber geben, was durchgeführt wurde“, so der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Prof. Dr. Karl Lauterbach. Es überrasche ihn als Arzt immer wieder, dass viele Patienten im Nachhinein gar nicht wüssten, was getan wurde.
Des Weiteren fordert die SPD – wie auch die Grünen – einen Härtefallfonds, der bei Behandlungsfehlern zahlt, sofern die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen unzumutbar lange dauern würde, es keinen sicheren Nachweis für die Schadensursache gibt oder eine seltene Komplikation erheblich schädigt.
Auch sozial schwache Menschen und psychisch Kranke sollen Hilfen aus dem Härtefallfonds erhalten können, da ihnen lange Prozesse nicht zuzumuten sind.
24 Stunden Bedenkzeit für IGeL einführen
Eingerichtet werden soll der Härtefallfonds à la SPD nach dem gleichnamigen Wiener Vorbild. Hochgerechnet müsste er rund 60 Mio. Euro umfassen, eingezahlt von Haftpflichtversicherern der Leistungserbringer, teilweise Zuzahlungen zum Krankenhausaufenthalt und Steuermitteln. Das reicht anfangs für etwa 500 betroffene Krankenhauspatienten.
Antragsteller müssen im Gegenzug eine Klage an die Krankenkasse abtreten und die Kasse muss den Patienten rechtlich vertreten. Wird ein Schadensersatz erstritten, fließt dieser ebenfalls dem Fonds zu. In einem zweiten Schritt soll nach einer dreijährigen Testphase der Härtefallfonds auf den ambulanten Bereich und andere Leistungserbringer ausgeweitet werden.
Weniger Einigkeit hinsichtlich geforderter Nacharbeiten am Patientenrechtegesetz gibt es allerdings beim Thema Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Das wurde erst wieder letzte Woche bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss deutlich. Strittig ist vor allem, wie garantiert werden kann, dass Ärzte nur qualitätsgesicherte Leistungen anbieten und Patienten nicht unter Druck gesetzt werden, eine Leistung zu kaufen.
So sehen Krankenkassenvertreter und auch die Linken die Pflicht zur Information darüber, weshalb die angebotene Leistung nicht Bestandteil des Leistungskataloges der GKV ist, bei den Ärzten. Die Ärzte allerdings schieben die Information den Kassen zu, denn im Rahmen der GKV bestehe zwischen Arzt und Patient keine direkte Vertragsbeziehung, so Thomas Rompf von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Uneinigkeit gibt es auch zu Wartefristen bei IGeL. Gernot Kiefer vom GKV-Spitzenverband forderte – wie auch andere –, dass zwischen Angebot und Inanspruchnahme mindestens 24 Stunden vergehen müssen. BÄK-Präsident Montgomery hält dagegen eine 24-Stunden-Frist für unangemessen.