Reformleistung der Ampel Gehen noch Gesetze über die Rampe?
Mit dem Ampel-Aus stehen zahlreiche von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach auf den Weg gebrachte bzw. vorbereitete Gesetze auf der Kippe. Was das für die Kassenärzte bedeutet, sei schwer zu sagen, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende am Morgen nach dem großen Knall gegenüber der Presse. „Es bleibt abzuwarten, wie diese Positionen für die verbleibenden Wochen oder Monate, vielleicht aber auch dauerhaft besetzt werden.“
Interessant sei jetzt, ob überhaupt noch Gesundheitsgesetzgebung „über die Rampe geht“. Im Prioritätenkatalog von Kanzler Olaf Scholz finde sich nichts zur Gesundheitsversorgung. Das sei auch richtig so, denn die Gesetze – so wie sie im Moment vorlägen – müssten in vielen Punkten eigentlich geändert werden.
Nur das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) ist vom Bundestag beschlossen. Vorgesehen war es als Teil eines Dreiklangs mit dem Notfall- und dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz. Kritik übte Dr. Gassen am Wegbröckeln der Länderfront gegen das KHVVG: „Die Länder haben sich mit verschiedenen kleinen Präsenten aus der Phalanx der Gegner verabschiedet.“ Aber selbst wenn die Änderungsvorschläge der unionsgeführten Länder noch umgesetzt würden, bringe das keine substanziellen Änderungen mehr. „Wir werden weiter Insolvenzen erleben.“ Das KHVVG muss aus Dr. Gassens Sicht geändert werden. „Ich glaube auch, dass alle Player darauf drängen werden.“ Ein Notfallgesetz werde ebenfalls dringend gebraucht.
„Dass Reformbedarf besteht, ist völlig unstrittig“, so der KBV-Vorstand. Schaue man auf die Beiträge der Krankenkassen, könne einem Angst und Bange werden. Das IGES-Institut gehe davon aus, dass der Gesamtbeitrag zur Sozialversicherung in den kommenden Jahren auf bis zu 50 % steigen könne – eine unglaubliche Zahl. Der Transformationsfonds sei da noch nicht eingepreist.
„Jeder, der die Grundrechenarten beherrscht, wird sehen, dass das auf Dauer nicht gutgehen kann. Insofern muss man sagen: Da ist viel Nachbesserungsbedarf“, so Dr. Gassen. Mit Blick auf die Ausgabenseite könnten Leistungskürzungen folgen.
Vieles hätte besser geregelt werden können, etwa die Digitalisierung, meint KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister rückblickend. Stattdessen seien Gesetze vollgehäuft worden mit „ideologischen und programmatischen Punkten“ – und ein paar Jahre lang sei nichts passiert.
Einen Lichtblick zumindest vermittelte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner: „Auf die Einführung der elektronischen Patientenakte sind wir, soweit wir das können, vorbereitet.“ Geschnürt worden sei ein umfangreiches Informationspaket für die Vertragsärzt:innen und -psychotherapeut:innen. Angeboten werde auch eine zertifizierte Fortbildung. Die über 100 PVS-Anbieter müssten allerdings noch die ePA auf ihren Benutzeroberflächen umsetzen. Hierzu gebe es gemischte Signale von den Herstellern. Dr. Steiner verwies darauf, dass die Einführung der ePA terminlich einzuhalten ist, denn bei Nichtnutzung des Moduls drohen Sanktionen.