Gröhes Gesetzes-Tsunami hat die Ärzte überrascht
Dr. Hoppenthaller verabschiedete sich zum Ende seiner 30-jährigen politischen Laufbahn mit einem Vorwurf gegen den langjährigen KBV-Chef Dr. Andreas Köhler. Zu dessen Nachlass gehöre auch die Zentralisierung der Honorarverhandlungen. "Das hat die bayerischen Fach- und Hausärzte viel Honorar gekostet." Profitiert hätten allein die Ostländer. Dr. Hoppenthallers letzter berufspolitischer Wunsch lautet deshalb: "Wir müssen die Honorarverhandlungen wieder dezentralisieren."
Heilmittel-Modellvorhaben – wer hält den Kopf dafür hin?
KV-Vorsitzender Dr. Wolfgang Krombholz kritisierte den "Gesetzes-Tsunami", mit dem die Bundesregierung bzw. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Ärzte und das Gesundheitswesen seit 2010 überzogen habe. Beim aktuell diskutierten Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz sei es inakzeptabel, dass Modellvorhaben ohne KV-Beteiligung stattfinden können. Es müsse ausgeschlossen sein, dass eine auf den Modellvorhaben basierende Überschreitung der Heilmittelvolumen Gegenstand der Gesamtverträge werde. "Sonst müssten wir den Kopf hinhalten für das, was andere machen."
Als erfreulich bewertete Dr. Krombholz die Reform des Bereitschaftsdienstes in Bayern. In den Pilotregionen seien die Dienststunden pro Arzt und Jahr deutlich geschrumpft, z.B. im Gebiet Garmisch-Weilheim von 313 auf 80 Stunden, in anderen Regionen auf 60 bis 70 Stunden. "Jetzt bemühen sich auch wieder niedergelassene Ärzte, in ihren Praxen Bereitschaftsdienste selbst zu übernehmen." Stark rückläufig sind ferner die Fallzahlen in den Notfallambulanzen während der Öffnungszeiten der Bereitschaftspraxen.
Mitte 2017 eine EBM-Reform? Wer kann das schon sagen ...
Der EBM wird aus Sicht des KV-Chefs eine Dauerbaustelle bleiben. Ob und in welcher Form ein weiterentwickelter EBM zum 1. Juli 2017 vom Bewertungsausschuss beschlossen werde, sei derzeit nicht bekannt.
Zufrieden ist die KV mit der Wirkstoff- und Prüfvereinbarung für Arzneimittel. Das Schiedsamt hat entschieden, dass die Vereinbarung über den 30.6.2017 hinaus gelten soll. Dr. Krombholz: "Die Forderungen der Krankenkassen hätten einen Rückfall ins letzte Jahrtausend bedeutet.“ Allerdings scherten sich einige Praxen nicht um die Regelung. „Wir werden uns diese Praxen künftig intensiver vornehmen." Immerhin wurde wie schon 2015 auch im dritten Quartal 2016 bayernweit über alle Fachgruppen hinweg das vorab definierte Gesamtziel bei den Verordnungen erreicht.
Relativ stabil blieben seit Anfang 2016 auch die Auszahlungsquoten des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM). Für das zweite Quartal wurde eine Fallzahlsteigerung von 4,5 % für die Fachgruppe und 6,1 % je Arzt zugestanden, berichtete KV-Vize Dr. Pedro Schmelz. Ab dem ersten Quartal 2017 ist eine Fallzahlsteigerung von 4,4 % für die Fachgruppe und 5,8 % je Arzt vorgesehen.
Kostenerstattungsprojekt ist "politisch beerdigt"
Seit 2013 sind dank des neuen HVM die Honoraranträge bei der KV um gut 80 % zurückgegangen; die Zahl der offenen Widersprüche liegt auf niedrigem Niveau. Dr. Schmelz: "Das heißt: Die Kollegen sind mit diesem HVM zufrieden. Die hohe Transparenz kommt gut an."
In der Amtszeit des noch bis zum Jahresende tätigen Vorstands wurde nach Ansicht der 2. stellv. Vorsitzenden Dr. Ilka Enger einiges für die Vertragsärzte erreicht, insbesondere bei der Entbürokratisierung. Allerdings nicht bei ihrem persönlichen Favoriten, dem Steuerungsinstrument der "Kostenerstattung mit sozial abgefederter Selbstbeteiligung des Patienten". Dr. Enger: "Das liegt jetzt beim Bundesversicherungsamt und ist erst mal politisch beerdigt. Ich gebe das Ziel aber noch nicht auf."
Kein Thema war bei der Vertreterversammlung die KV-Wahlanfechtung durch Dr. Rüdiger Pötsch (MT vom 25.11.). Die Wahlanfechtung ist vom Wahlausschuss zurückgewiesen worden. Auf der konstituierenden VV am 21. Januar 2017 wird der neue Vorstand der KV Bayerns gewählt.
Quelle: Vertreterversammlung der KV Bayerns