Pflege Herausforderungen für Hausärzte und Pflegefachkräfte

Kolumnen Autor: Susanne Grundke, Andreas Klement

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Nach wie vor ist die vertraute eigene Häuslichkeit der bevorzugte Versorgungsort für die meisten pflegebedürftigen Menschen. Neue Wohn- und Versorgungsformen sind jedoch zunehmend häufiger eine Alternative, so der aktuelle Pflege-Report 2015. Dementsprechend wird die Bedeutung der Fortentwicklung kommunaler Pflegeinfrastruktur mit Blick auf soziale und wohnungsbauliche Fragen sowie die Verkehrsanbindung im Report als zentrale Aufgabe der Zukunft herausgestellt.

Zu kurz kommen dagegen die Sicherstellung der wohnortnahen Gesundheitsversorgung sowie der Ausbau gemeindenaher Konzepte in der vertragsärztlichen Versorgung. Auch neue Formen der Zusammenarbeit in Praxen und zwischen unterschiedlichen Leistungserbringern (z. B. Heimen und Hausärzten) sowie nicht-ärztlichen Gesundheitsfachberufen (bspw. VERAH®, AGnES, MOPRA u. a.) kommen im Pflege-Report 2015 kaum vor.

Derzeit werden etwa 30 % der pflegebedürftigen Menschen langzeitstationär in einem Pflegeheim versorgt. Der Pflege-Report 2015 stellt daher die Bedeutung der Qualitätsentwicklung und -sicherung in der pflegerischen Langzeitversorgung heraus. Die sogenannten "Pflege-Noten" erwiesen sich letztlich jedoch als ungeeignet für die Darstellung von Ergebnis-, Struktur- und Prozessqualität im Pflegeheim. Aus unseren Praxiserfahrungen als Pflegefachkraft und Hausarzt sehen wir auch andere naheliegende Möglichkeiten der Qualitätsentwicklung: So ist die Kooperation zwischen Hausarzt und Pflege ein Instrument der Qualitätssicherung. Bezogen auf die Behandlungspflege könnte z. B. die Prozessqualität gezielt gesteuert werden durch systematischen Informationsaustausch in Form gemeinsamer Pflegeheimvisiten und durch kooperative Fallplanung.

Aber auch die sogenannten "Expertenstandards" könnten ein Instrument der Qualitätssicherung sein. Diese sind weit mehr als nur eine „Arbeitshilfe“. Expertenstandards sind evidenzbasierte und konsentierte Instrumente der Qualitätssicherung für die Pflegepraxis, denn sie beschreiben, welches Pflegehandeln „State of the Art“ ist, und formulieren Kriterien zur Erfolgskontrolle. Ihnen liegt eine systematische Durchsicht wissenschaftlicher Erkenntnisse zugrunde und sie enthalten u. a. Empfehlungen für Assessmentinstrumente zur Risikoeinschätzung (bspw. zur Wundbeurteilung oder Schmerzeinschätzung).

Wir sind überzeugt davon, dass die Prozess- und Ergebnisqualität in der Versorgung optimiert werden können, wenn Hausarzt und Pflegefachkräfte „objektivierte Daten“ zum Versorgungsprozess gemeinsam erheben und bewerten. Gemeinsam genutzte Expertenstandards und Leitlinien sichern die Verständigung in der Situations- und Risikoeinschätzung und verhindern Informationsverlust – zum Wohl aller Beteiligten – den Pflegebedürftigen, Pflegefachkräften und Hausärzten. Das wären wichtige Themen für den nächsten Pflege-Report.


Autoren:
Department Gesundheit und Pflege
66117 Saarbrücken

Leiter Sektion Allgemeinmedizin
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
06112 Halle (Saale)

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (19) Seite 3
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.