Kopfschütteln und Krokodilstränen - Hausärztetag macht sich Sorgen um die Attraktivität des Fachs
Bei der Nachwuchsgewinnung müsse „endlich politisch mit einer ganz anderen Intensität gehandelt werden“, forderte Verbandschef Ulrich Weigeldt auf dem Deutschen Hausärztetag.
Unter anderem sei mehr Druck beim Masterplan 2020 nötig. Dieser wurde im März dieses Jahres von den Gesundheitsministern der Länder und des Bundes verkündet. Vorgesehen sind z.B. die Möglichkeit einer Landarztquote, eine praxisnähere Ausbildung und flexiblere Zugangswege zum Medizinstudium. Die Länder fordern allerdings zur Umsetzung der Pläne mehr Geld, worüber keine Einigkeit besteht.
Das gefährde die Nachwuchsgewinnung akut, sagte Weigeldt. „Wenn man sich vor Augen führt, wie entscheidend diese Reform für die Zukunft der hausärztlichen Versorgung ist, und gleichzeitig bedenkt, dass wir hier über ein Finanzvolumen reden, das noch nicht einmal 0,1 % der GKV-Einnahmen entspricht, dann kann man nur mit dem Kopf schütteln.“ 2016 nahmen die gesetzlichen Kassen über 220 Mrd. Euro ein.
Der Beruf wird für junge Menschen unattraktiver
Parallel werde derzeit die Attraktivität der Allgemeinmedizin bei jenen Medizinstudierenden geschmälert, die sich grundsätzlich vorstellen könnten, als Hausärzte zu arbeiten, so Weigeldt. Dr. Jens Lassen, Arzt im Praktikum und Mitglied im Forum Weiterbildung des Hausärzteverbandes, bestätigte das. Er verwies auf das Herauslösen von immer mehr Aufgabenbereichen aus der hausärztlichen Arbeit. „Damit erreicht man genau das Gegenteil, nämlich, dass der Beruf für junge Menschen unattraktiver wird“, sagte Dr. Lassen. „Gerade die Breite des Fachs ist einer der wichtigsten Gründe, Hausarzt zu werden.“
Zu dieser Linie passte, dass der Hausärztetag im Leitantrag das Berufsbild des „Physician Assistants“ kritisierte, eines Assistenten also, der ärztliche Tätigkeiten zum Teil übernehmen könnte. Weigeldt monierte, dass Hausarztvertreter in der Selbstverwaltung dieses Berufsbild stützten. „Hausärztliche KV-Funktionäre lassen sich dazu herab, diese Gehilfen unter Krokodilstränen als Unterstützung der Hausärzte zu preisen.“
Auch das Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz, das gerade im Bundesgesundheitsministerium erarbeitet wird, lehnten die Delegierten in einem eigenen Antrag ab. Hier drohe die „Schaffung einer neuen Versorgungsebene“. Das Gesetz könnte nach jetzigem Stand eine Ausbildung ermöglichen, in der „Weitergebildete ohne ärztliche Ausbildung ärztliche Tätigkeiten ausüben“.
Quelle: 39. Deutscher Hausärztetag