Kommentar Moralpause zur Silvestersause
Vor Silvester kaufen sie Feuerwerksbatterien, die teurer als die meisten Weihnachtsgeschenke sind und martialische Namen wie „Berserker“ tragen. Oder sie zünden „Polenböller“ mit der Sprengkraft einer Handgranate. An die Folgen für Tier, Mensch und Umwelt denken offenbar die wenigsten.
Das alljährliche apokalyptische Orchester setzt Haus-, Nutz- und Wildtiere nachweislich unter Stress. Vögel flüchten, Hunde und Katzen verkriechen sich vor Angst. Manche werden krank, verletzen sich oder bezahlen die Silvesternacht mit ihrem Leben. So berichtet ein Tierschutzverein in Hamburg-Bergedorf von fünf Igeln, zwei Eichhörnchen und einem Huhn, die alle wegen der Detonationen in Panik geraten und gestorben seien. In Bulgarien fielen rund 1.000 Vögel tot vom Himmel– vermutlich durch Stress während des Feuerwerks.
Auch Menschen bleiben nicht verschont. Laut Krankenkassen verdreifacht sich das Patientenaufkommen in den Notaufnahmen an Neujahr im Vergleich zu anderen Tagen. Die Bilanz der diesjährigen Silvesterböllerei: Fünf Menschen starben, zahlreiche erlitten Hörverluste, Brandwunden oder schwerere Verletzungen z. B. durch Kugelbomben. In Leipzig verlor ein Achtjähriger mehrere Finger, als er am 1. Januar einen Blindgänger zündete.
Als Kollateralschäden werden brennende Häuser und tonnenweise Müll hingenommen. Feinstaubwerte schießen in die Höhe– dieses Jahr insbesondere in bayerischen Städten. Doch obwohl sich der Großteil der Bevölkerung mehr Klimaschutz wünscht und das Tierwohl vielen wichtig ist, zeigt der kollektive Raketenrausch: Am 31. Dezember hat die Moral auch mal Pause.
Es wird endlich Zeit für ein Verbot von privatem Silvesterfeuerwerk, wie es u. a. Bundesärztekammer, Polizeigewerkschaft und Deutsche Umwelthilfe fordern. Bis dahin hilft nur, an die Vernunft zu appellieren. Oder an den Geldbeutel. Ein Do-it-yourself-Spektakel gibt es schon ab fünf Euro: Einfach Geldschein anzünden und in die Luft werfen. Spart Leid und schont die Umwelt. Ein guter Vorsatz für Silvester 2025, oder?
Maximilian Rossol
Redaktion Medizin